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Samstagabend am Basel Blues Festival 2012

Insgesamt hätte man vom Samstagabend etwas mehr erwarten können, aber die beiden Auftritte blieben etwas hinter den Erwartungen zurück. Jimmy Johnson ist doch schon ein deutlich älterer Herr und seinem Auftritt war die Kraftanstrengung anzusehen. Los ging es aber mit dem noch weitaus jüngeren Kirk Fletcher. Fletcher ist ein grosses Talent an der Gitarre, immerhin zweimaliger Nominierter für den «W.C. Handy Award» und Tourerfahrung mit vielen Grössen des Business. Auch entlockt er seiner Telecaster genau die richtigen Töne, aber sein Gesang war kaum zu verstehen. Zudem war er etwas zurückgebunden durch die Band, deren Mitglieder nur einmal kurz vorgestellt wurden. Es ist zu vermuten, dass das Quartett eine Band bildet. Diese besteht neben Schlagzeug und Bass aus einem Hammond-Organisten und einem Gitarristen, sonst wohl der Lead-Spieler, der sich hier nicht so recht zwischen seiner Rolle als Rhythmus-Gitarrist und der eines zweiten Lead-Gitarristen entscheiden, und so stand er zumeist etwas abseits und war ziemlich still. Seine Soli waren wunderschön, mit einem traumhaften glockenartigen Ton auf der Gitarre, die Soli passten nicht unbedingt in die Songs. Der Hammond-Organist, der auch ein Keyboard bediente, erlebte bei jedem Solo einen ekstatischen Höhepunkt und so waren seine Soli ebenfalls austauschbar und voller Wiederholungen.

Die Songs liefen zudem auch noch alle gleich ab: Fletcher eröffnete routiniert mit einem Riff, zumeist sehr funky und dann folgte in Instrumentalstücken ein erstes Solo von ihm. In den Titeln mit Gesang kamen vor dem Solo ein bis zwei genuschelte Strophen, ehe er dann loslegen konnte. Nach seinem wirklich guten und mit Engagement gespielten Solo folgte dasjenige des Organisten und in den meisten Stücken auch jenes des zweiten Gitarristen. Zum Schluss nahm Kirk nochmal das Motiv auf. Die Songs hatten zwar durchaus Drive, das Problem war einzig, dass jeder Song exakt dem vorherigen glich. Entweder gibt es in Kirk Fletchers Repertoire nur diesen funky Chicago-Stil, oder die ungewohnte Band schränkte die Auswahl ein, auf jeden Fall erschien der Auftritt leider etwas eintönig. Wer sie Stücke zusammenhielt, war der Drummer, der stets einen stetigen und mitreissenden Puls lieferte. Kirk Fletcher hat unbestreitbare Qualitäten, aber er scheint mehr ein Gitarrist als ein Bandleader zu sein, zumindest ist für ihn bis dahin durchaus noch ein Weg zu gehen.

Um nicht die Pause für die Ehrungen zu benutzen, wurde Fletchers Set unterbrochen und es folgten die Preisverleihungen. Diese waren tatsächlich ein Vergnügen. Susanne Slavicek nahm für das Blues Festival Badenden «Swiss Blues Award 2012» in Empfang. Die Jury hat sich gegen Gitarrist Richard Koechli und gegen Bassist und Tele Basel-Chefredaktor Willy Surbeck entschieden und dem dieses Jahr bereits zum neunten Mal stattfindenden Festival den Preis verliehen. Susanne Slavicek bedankte sich im Namen des gesamten Teams und machte nach dem Hinweis auf das diesjährige Festival  die Bühne frei für den Empfänger des «Lifetime Achievement Award», Claude Nobs.

Eingeführt durch eine Laudatio seines Freundes George Gruntz kam der Jubilar rein und genoss den verdienten Applaus. Mit dem Mikrophon hatte er auch sofort das Publikum in der Hand, er erzählte charmante Geschichten on seiner Blues. In dem Moment, da er als Teil seines Preises eine Armbanduhr verliehen kriegte, zog er umgehend seine Armbanduhr aus und warf sie ins Publikum. Wirklich schlagfertig. Als er ein kleines Harp-Solo zum Besten gab, hatte er das Publikum endgültig auf seiner Seite und er machte klar, dass er den ersten Blues Award für seine Lebensleistung zu Recht entgegennahm.

Nach der Pause folgte der musikalische Höhepunkt: Da stand dann ein Trio auf der Bühne, bestehend aus dem Gitarristen Mike Wheeler, dem Bassisten James Williams (b) und dem Drummer Pooky Styx. Das Trio begann mit einem Instrumentalstück, dann folgte Don’t Know Why I Love You, ein Shuffle und dann ein weiterer Instrumentaltitel, sehr ähnlich Freddie Kings Version von Big Legged Woman. Ab dem ersten Ton war klar, dass diese Band erfahren zusammen spielen und der Sound waWilliams spielte ein sensationelles Bassolo und die Gitarre war Honig für die Ohren.

Die Band fühlte sich richtig in ihrem Element und sie elektrisierte den Saal sofort mit treibendem Blues. James Williams wird übrigens der Schweiz in Zukunft noch weitaus verbundener sein, denn er wird in Zukunft einen Bass aus der Schweiz spielen. Er bestellte noch auf dem Festival einen Madera-Bass von Ossy Hürlimann. 

Dann folgte der Auftritt Sam Burckhardts, der es sich als langjähriger Freund und Unterstützer des Festivals nicht nehmen lassen wollte, in seiner Vaterstadt aufzutreten. Er führte die Band zuerst in einen Jazz-Blues und dann in (Get Your Kicks on) Route 66. Das bedeutete eine deutliche stilistische Inkonsistenz zum vorhergehenden, den die Band gut mitmachte, aber die Stimmung im Saal fiel wieder merklich zusammen. Nach diesen zwei Titeln folgte dann Jimmy Johnson, ein Blues-Veteran, 1928 geboren, der den Trip aus dem Delta noch persönlich mitgemacht hatte und nach seiner Ankunft in Chicago 1950 Rhythmus-Gitarrist für Albert King, Sunnyland Slim, Tyrone Davis und Jimmy Dawkins war. Ab 1976 hatte er seine eigene Band. Vom Moment, da Johnson die Bühne des Volkshauses betrat, war er klar der Chef und Sam Burckhardt beschränkte sich auf sein Saxophon. Der Auftritt zeugte von grosser Routine, aber Johnson musste den Jahren Tribut zollen. Er wirkte etwas geschwächt und die Anstrengung war deutlich zu sehen. Immerhin war dies ein bemerkenswerter Auftritt eines Veteranen des Blues und damit ein erinnerungswürdiger Moment.