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Baden: Letzter Abend im Nordportal

Aus Clarksdale, dem Epizentrum des Blues im Mississippi Delta stammt Earnest Guitar Roy, den das Team um Susanne Slavicek nach Baden holte. Der 1958 geborene Gitarrist und Sänger ist jedoch keine unbeschriebene Landpomeranze, sondern hat sich schon in der Band seines Vaters, später in  Zusammenarbeit mit Sam Carr, Frank Frost und Big Jack Johnson, sowie auf Tourneen durch die Staaten und Australien seine Plektren abverdient.

«They say, the Delta is the home of the blues. I say, it's my home» Mit dieser verschmitzten Begrüssung stellte er sich vor und genauso augenzwinkernd war er jederzeit  bereit, sich für die Fotografen in Pose zu stellen und mit der Kamera zu flirten. Rasch gab's einen Draht zum Publikum, das er mit knuffligem Charme bezauberte.

Er trat mit Joe Anthony Simmons (Keyboards, Hammond); seiner Frau Carla Denise Roy (Bass) und Charles Lamar Gage (Schlagzeug) auf, alle an diesem Abend gut drauf. Die spontane Entscheidung, die Band durch die Saxophonistin und den Trompeter zu verstärken, die am Vorabend in der Delbert McClinton Band gespielt hatten, passte ausgezeichnet zu Earnest Guitar Roys Stil, seinen Blues, den er den er nach eigenen Aussagen bereits mit vierzehn zu entwickeln begann und den er «bluejazz» nennt, tatsächlich ist es auch moderner Southern Blues, gewürzt mit Jazz Elementen. Das Legieren mit anderen Stilen, besonders mit rockigen oder jazzigen Elementen ist ja nichts aufregendes an sich, jedoch gelingt es ihm auf eine besondere Weise, die Essenz des Delta Blues zu bewahren und gleichzeitig frischen Wind rein zu bringen. Besonders deutlich am 44 Blues, der so klingt, als wäre er gestern geschrieben und nicht vor über achtzig Jahren.

dukerobillardbfbaden2011.jpgNach der Pause trat ein entspannter Duke Robillard auf die Bretter. Unspektakulär wirkte er wie der liebenswürdige Onkel von nebenan, kaum Worte, null Showeffekte, dafür exzellentes Handwerk, gepaart mit der Fähigkeit einen Strauss von Blues in all seinen Schattierungen zu mischen und so darzubieten, dass es völlig locker und selbstverständlich daher kommt. Dazu diese Bluesstimme. Kein Wunder ist er fünfmal mit Blues Awards bzw. Grammies nominiert oder ausgezeichnet worden. Ihm zur Seite standen und sassen Bruce Bears, einer der derzeit besten Keyboarder, Mark Teixeira, der regelmässig in den «Wer-ist-der-beste-Bluesdrummer?» Votings auftaucht, sowie der Bassist Brad Hallen, auch er ein Schwergewicht in der Szene. Was dann folgte war eine Reise durch diverse Varianten des Blues, mal klang es rockig wie Ende der fünfziger Jahre, mal gab es süffigen R&B, dann wieder lockeren Westcoast Blues. Man konnte sich einfach tragen lassen und geniessen.

«Big Irgendwas» ist ein Übername, der in der Blues und Jazzszene der USA noch schnell mal einem Musiker verliehen wird, «Duke» ist dagegen eine extrem seltene Auszeichnung. Wer an diesem Abend im Nordportal war, weiss warum Michael John Robillard so genannt wird.