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Victor Wainwright

Nach dem Opener betrat dann der Meister die Bühne. Ein mächtiger Mann , so stellt man sichsich Falstaff vor: wuchtig und voller unbändiger Energie. Sein Spiel sei «Beautiful Madness», so hat es ein Kritiker mal formuliert und das bringt es auf den Punkt. Einst vor allem als Rock ‘n‘ Roll Honky-Tonk Pianist bekannt geworden hat er seinen musikalischen Horizont in der vergangenen Dekade erweitert und bewegt sich stilsicher auf allen Wegen des Blues. Chicago, New Orleans, Westcoast, Soul, R&B, Countryrock – erspielt die Stile pur oder vermischt sie scheinbar beliebig, zitiert sie, wobei er hier ohne weiteres auch aus Opern und anderen, bluesfernen Musikfamilien Schnipsel zitiert, die wir alle kennen. Sein Pianospiel ist wild, abwechslungsreich und spielerisch, da hält er das Piano auch mal schräg, als würde er die Töne rausschütteln. Dazu wirbeln seine Hände über die Tasten und entlocken dem Instrument Boogie Rhythmen, die in die Beine gehen oder er rockt, dass die Wände wackeln. Er beherrscht jedoch auch die sanften Töne, dann streichen die Finger subtil, fast zärtlich über die Klaviatur und er zaubert leise, duftige Stimmungen auf die Bühne. Immer wieder blitzt sein Humor durch und er leistet sich musikalische Scherze. Gutgelaunt, so erschien er und so präsentierte sich auch seine Band. Wainwright ist auch bekannt dafür, dass er junge Musiker fördert und sie vor allem zu Höchstleistungen bringen kann. Dieses Talent bewies er auch in Basel mit den Wild Roots.
Er ist ein toller Sänger, erinnert etwas an Dr. John. Sein Gesang passt sich wunderbar dem Stil an, er kann die subtilsten Gefühle eines Songs in seine Stimme packen, oder die Lebenslust in einem Honky Tonk Titel ausdrücken. Er bringt es sogar fertig, dass man bei seinem Scat Gesang den Eindruck hat, man würde eine Geschichte hören und verstehen. Einmal verliess die Rampe und sang im Saal ohne Mikrophon einen klagenden Blues, der wie ein Gebet daherkam.

Unterstützt wird er vom jungen, talentierten Gitarristen Nick Black, der mit seiner Soulstimme, als auch instrumental überzeugen konnte. Er brachte  2012 sein Debüt – Album The Soul Diaries heraus, das er noch in seiner Collegezeit begonnen und an dem er vier Jahre gearbeitet hatte. Er gehört zu den jungen Bluesmusikern, die neue Impulse geben können, die keine Berührungsängste haben und ihren Blues zum Beispiel auch mit Elementen des Hip-Hop würzen. Im Gegensatz zu diesem Album, das musikalisch eher gemütlich daherkommt, waren im Konzert andere Qualitäten gefragt, denn da gab es jede Menge Songs, die so temporeich und druckvoll gespielt wurden, dass sie von jedem Musiker ein Maximum abverlangen.

Die Rhythmusgruppe groovte makellos. Angetrieben wurden die Songs aber meistens von Wainwrights dynamischen Spiel und auch von seiner Persönlichkeit. Das soll keine Kritik am Schlagzeuger Billy Dean oder am Bassisten Will Hanlonsein. Die beiden machten ihren Job ausgezeichnet. Aber Persönlichkeit und Energie des Victor Wainwright bestimmten eindeutig das Tempo auf der Bühne.

Für manche ist Brandon Santini der zurzeit beste Harper. Wie alle diese Attribute, ist das Geschmackssache, ich neige dazu, solche Superlative nie zu gebrauchen, weil sie nie stimmen können. Aber es muss ja einer schon gut sein, wenn viele Leute zu dieser Meinung kommen. Santini ist gut! Mit seiner Band Delta Highway war er für den BMA 2003 nominiert und erspielte sich ebenfalls zwei Nominationen für den BMA 2014. Er kam seinerzeit von North Carolina nach Memphis und ging durch die harte Schule der Beale Street. Sein Harpspiel ist voluminös und erdig, seine Technik virtuos.

Runde zwei Stunden dauerte ihr Auftritt. Schweisstreibend werde die Show sein, hatte Patrick Kaiser angekündigt und er behielt recht. Besonders aufgefallen sind ein ausgedehntes You Got To Take Sick And Die Some Of These Days mit den erwähnten Scat Passagen, eine zwölfminütige Version von Hey Bo Diddley, der eher selten zu hörende Cab Calloway Klassiker Minnie The Moocher, der sogar das Publikum zum Mitmachen animierte.