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Freitag am Bluesfestival Basel 2014

Allan Toussaints Auftritt in Basel ist nicht Teil einer Tournee, sondern er war sowieso in Rom und da konnte ihn das Bluesfestival Basel für einen Auftritt gewinnen. Seinem Alter geschuldet wollte der 76jährige lieber den frühen Auftritt haben und so kam Jessy Martens zum späten Auftritt. Was der Pianist und Sänger dann auf die Bühne des Volkshauses brachte, war reine Magie, die jeden im Saal zu berühren schien. Allen Toussaint, der eine lange Geschichte hinter sich hat als Pianist bei Dave Bartholomew und einer langen Reihe anderer Headliner, aber vor allem als Songwriter für andere gab hier einen Solo-Abend, bei dem er viel Interaktion mit dem Publikum hatte und seinen Auftritt sichtlich genoss.

Der in New Orleans geborene Allan Toussaint kaum auf die Bühne mit einem bemerkenswert bunten Anzug, und der Abend wurde auch eine bunte Mischung aus Stilen und Stimmungen. Toussaint führte sein Publikum routiniert durch ein Programm, in dem es sanfte Slow-Blues-Balladen (Things that make you mine) ebenso zu hören gab wie eine Boogie-Woogie-Nummer (mit Gastauftritt und entsprechend vierhändig gespielt) und natürlich Tipitina, der Professor Longhair-Standard, den Toussaint sich für den Zugabenteil aufsparte. Musikalisches Rückgrad blieb dabei stets das New Orleans-Piano, diese hypnotisch synkopierten Rhythmen, dieses Zusammenspiel von Bass- und Melodiehand, auf das sich Toussaint so meisterlich versteht. Die Transparenz mit der beide Hände aufeinander abgestimmt waren und die Leichtigkeit seiner Licks waren eine echte Freude.

Der feine Herr aus dem fernen Louisiana fühlte sich vom Publikum freundlich aufgenommen und so legte er die anfängliche Scheu ab und heizte dem Basler Publikum richtig ein. Der Mann verfügt über eine Gesangsstimme, die beeindruckt, nicht nur im Falsetto-Gesang zu I Wave Bye Bye, einem Titel, den er dem am 11. April 2014 verstorbenen Jesse Winchester widmete. Seine Stimme voll und mit grossem Umfang, war vielleicht der Gesang die grosse Überraschung des sonst mehr als Pianisten bekannten Toussaint. Er spielte zwei Instrumentalstücke, eine zu Tränen rührende Fassung von St. James Infirmary und ein Medley, in dem er von der Basis eines New Orleans Blues Erkundungen in die ganze Musikwelt unternahm. Ein wahres Juwel an diesem Abend, das auch entsprechend mehrfach mit Szenenapplaus begrüsst wurde. Dieses instrumentale Potpourri wirkte wie der Mississippi selbst, der alle Seitenarme in sich aufnahm und zu einem grossen Strom vereint. Ebenso brachte Toussaint die unterschiedlichsten musikalischen Traditionen zurück zur grossen Mutter New Orleans.

Das Publikum völlig auf seine Seite zog Allen Toussaint als er zu Mr Mardi Gras New Orleans-Fasnachtsstimmung verbreitet und kurz hinter die Bühne ging um mit einer Tüte voll Mitbringsel wieder zu kehren und diese – wie von einem Float am Umzug – in die Menge zu werfen. Basler Waggiswagentradition und der Mardi Gras Umzug fanden für einen Moment zusammen. Wer immer die Maske des Zulu Kings erhalten hat, weiss diese hoffentlich in Ehren zu halten.

Insgesamt machte dieses erinnerungswürdige Konzert den Eindruck als ob Allen Toussaint, der neben seinen Auftritten als Pianist auch als Komponist, Arrangeur und Begleitung wirkt, es genoss, mal einen Abend lang nur zu spielen, zu singen und eine gute Zeit zu haben.

Starke Stimme aus Hamburg

Keine leichte Aufgabe war es für Jessy Martens und Band, nach diesem Höhepunkt auf die Bretter zu steigen. Immerhin: Die Hamburgerin hatte bereits am Festival 2012 das Basler Publikum mit ihrer temperamentvollen Show begeistert und inzwischen konnte sie den «Deutschen Rockpreis 2012», den «German Blues Award 2012» sowie den«Deutschen Rhythm and Blues Preis 2012» einheimsen und ihre erste CD als Songwriterin Jessy Martens and Band Brand New Ride wurde ebenfalls 2012 als bestes Bluesalbum des Jahres ausgezeichnet. Sie konnte also mit grossem Selbstbewusstsein unbekümmert auftreten und das tat sie denn auch.
 
Jessy Martens ist mit einer Rock- und einer Bluesband unterwegs. Für die Jubiläumsausgabe hatte sie sich etwas Besonderes ausgedacht und zum ersten Mal die beiden Projekte Jessy Martens & Jan Fischers Blues Support, sowie Jessy Martens & Band verschmolzen. Somit bestand die Band aus dem Toppianisten Jan Fischer, dem Gitarristen Kai Stuffel, sowie Christian Hon Adameit am Bass und Christian Kolf am Schlagzeug.
 
Im Gegensatz zum Auftritt 2012 war das Set weniger Rock-betont, sondern bluesiger ausgelegt. Hallelujah I Love Him So hatte sie sich als Intro ausgesucht und gab damit gleich zu Anfang eine Kostprobe ihres beeindruckenden Gesangs ab. Mit Ray Charles ging es weiter. In einer ausgedehnten, siebenminütigen Version von Mess Around demonstrierte Jan Fischer eindrücklich, wieso er Preisträger des German Blues Awards 2011 ist. Dann folgte ein eigener Song, I Don't Need No Doctor, bei der sie die leisen Facetten ihrer Stimme darbot und der Gitarrist Kai Stuffel zum ersten Mal mit schönem Solo brillieren konnte. Rockiger ging es dann mit One Minute Love weiter, um gleich darauf mit Undone eine butterweiche Ballade zu spielen. Angekündigt war ihr Auftritt als «unplugged», was so nicht stimmte. Dafür gab es aber eine grossartige unplugged Version ihrer Rockballade Break Your Curse vom gleichnamigen Album.
 
Alles in allem war ihr Set eine gut zusammengestellte, stimmige Mischung ihres Repertoires. Ihre Stimme sticht heraus, ihre Präsenz ist einnehmend, die Band bocksolide und gut eingespielt. Sie schien uns in den rockigen Nummern sehr ausgereift und überzeugender als im Blues wo es noch zu feilen gibt, bis die Songs richtig unter die Haut gehen. Zum Schluss begleitete sie sich selbst für eine Ballade am Piano.