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Bluesfestival Luzern 2015

 

Den Eröffnungsgig übernahm der Gitarrist, Sänger und Harpspieler Lil’ Jimmy Reed, der ein solides, klassisches Chicago Blues Programm mit eigenen Songs, aber auch vielen Covers allseits bekannter Bluesgassenhauer darbot. Auffallend Hilary Blythe, die einen Bass spielte, der nur wenig grösser war als eine Ukulele, damit aber einen prächtigen Groove hinlegte. Frischen Wind brachte die zweite Gruppe, Low Society mit der Sängerin Mandy Lemons und ihrem Partner Sturgis Nikides an der Gitarre. Lemons gehört zu den Sängerinnen, die dem Publikum ihre Songs mit vollem Einsatz entgegenschleudert, wobei der Gesang manchmal etwas exaltiert rüberkommt. Der Gitarrist Nikides zeigte ein komplexes Spiel, das Einflüsse der Zusammenarbeit mit John Cale spüren liess. Seine Improvisationen gingen weit über das hinaus, was man im Allgemeinen so zu hören bekommt. Lil’ Ed (Ed Williams), der Neffe des legendären Slide Gitarristen J.B. Hutto, ist sofort an seiner auffälligen, mit allerlei Glitzerzeug geschmückten Mütze und seinem sonnigen Gemüt zu erkennen. Mit seinen Blues Imperials legte er ein kompaktes gute Laune Set hin. Er hatte anderthalb Stunden vorher in Lil’ Jimmy Reeds Auftritt seine Fähigkeiten als Drummer demonstriert. Hier zeigte er sich als ausgelassener Unterhalter und begabter Slidegitarrist. Fetten Memphis Soul präsentierte Vaneese Thomas, eine von Rufus Thomas’ Töchtern mit ihrer grossartigen Band kurz vor Mitternacht und sorgte so dafür, dass der erste Abend musikalisch nicht einseitig blieb.

Shawn Holt hat das Erbe seines Vaters Magic Slim übernommen und führt die Band The Teardrops, weiter. Es gelang ihm, die Essenz der legendären Band zu bewahren und auch in Luzern überzeugte die Band mit ihrem kraftvollen Sound, mit dem Shawn Holt  2014 den BMA in der Kategorie «Best New Artist» erhielt. Er war der erste Musiker der jüngeren Generation am diesjährigen Festival. Soul, der unter die Haut geht, boten Wee Willie Walker & We «R» um den 74 jährigen Sänger Willie Walker, der erst im reiferen Alter die Anerkennung erhält, die er verdient.

1969 geboren, gehört er ebenfalls zu den jungen Chicago Bluesern: Toronzo Cannon. Er hat das Zeug dazu, frischen Wind in den Chicago Blues zu bringen, was er an diesem Abend eindrücklich demonstrierte. Er mischt Elemente aus Funk und Rock und auch soulige Klänge in seine Musik, versteht es aber, den Rahmen des authentischen Chicago Stils zu bewahren. Er ist eine der Entdeckungen der diesjährigen Ausgabe des Festivals. Einheimisches gab es auf der Bühne des Casineums mit Marco Marchi & The Mojo Workers zu erleben. Sie boten ihre erfolgreiche Mischung aus Country Blues, Musik der Prohibitionszeit und von New Orleans inspirierten Klängen und füllten den kleinen Saal im Nu. Die Band erstaunt jedes Mal durch ein stilistisch ständig erweitertes Repertoire und gehört zweifellos zu den originellsten Gruppen in unserem Land. Weit nach Mitternacht gab es Billy Branch & The Sons Of Blues zu hören.

Sie traten auch am letzten Abend des Festivals ein zweites Mal auf. Billy Branch gehört längst zu den etablierten Topstars der Chicagoer Bluesszene und bewies dies an beiden Auftritten souverän. Vor ihm konnte man die exzellente Gitarrenarbeit Murali Coryells geniessen. Er war bereits am Festival 2011 mit Joe Louis Walker aufgetreten, nun präsentierte er sich mit seiner eigenen Band.

Ein sicherer Erfolg verspricht jeder Auftritt Marcia Balls und das war auch am Samstagabend nicht anders. Sie brachte Louisianas Lebensfreude und Rhythmus in den Panoramasaal. Neben ihrem bewährten Gitarristen Mike Schermer hatte sie den BMA Nominierten Keyboarder Dave Keyes im Set, der ihr Spiel wunderbar ergänzte und für einen Song gesellte sich Billy Branch zur Band.

Als letztes Konzert auf der Hauptbühne im Panoramasaal gab es die inzwischen zur Tradition gewordene Zydeco Party, diesmal mit Major Handy & The Louisiana Blues Band. Und im Casineum spielten derweil die Sieger der European Blues Challenge 2015, The Travellin’ Brothers aus Spanien.

Wie erwartet werden konnte, blieb Luzern auf seinem bewährten Kurs: Fokussierung auf klassischen Blues und Soul mit gelegentlichen Ausflügen in andere Bereiche der Americana Musik. Eine Verjüngung der Interpreten ist beabsichtigt, wird aber auch von aussen aufgedrängt, da viele der Grossen der traditionellen Chicagoer Szene inzwischen leider von uns gegangen sind.