Skip to main content

Bluesfestival Basel 2015 - Donnerstag bis Samstag

Die Cajuns sind im Bundesstaat Louisiana zuhause, wo sie sich Ende des achtzehnten Jahrhunderts niederliessen. Cajun heisst auch ihre Sprache, ihre Küche und ihre Musik. Ein wichtiges Instrument ist dabei die Handharmonika. Aus dem Cajun hat sich unter Einfluss afroamerikanischem Einfluss der Zydeco entwickelt. Beide Stilarten sind also eng verwandt und es gibt verschiedene Mischformen.

Joe Douglas gehört zu den wenigen noch lebenden Vertretern seiner Generation. Er begann bereits als Kind mit dem Musizieren und Songschreiben und ist seit seinem achtzehnten Lebensjahr Berufsmusiker. Der 77-jährige Musiker aus Lafayette wird daher gerne als Cajun-Legende bezeichnet. In Basel trat er mit einer Band aus lokalen Musikern auf: Felix Hohl (git), Lo Trottmann (pedal steel git), Barbara Wilde (fiddle), Willie Surbeck (b) und Sam Dühsler (dr). Seine Show war durchaus temperamentvoll und unterhaltend, blieb jedoch trotz vieler Einflüsse aus Folk, Country, Blues und Rock’n’Roll eintönig. Alles war ähnlich, alles kam deftig daher, klang nach einem Tanzabend am Wochenende, wo man es nicht so genau nimmt, Hauptsache Stimmung. Dazu kam, dass die Band offensichtlich nicht so harmonierte, wie man es gerne hätte. Von einer Legende hatten wir uns mehr versprochen. Immerhin hatte der Auftritt Schwung, was man von der anschliessend auftretenden Zydeco Annieund den Swamp Cats nicht sagen kann. Zwar war die Band besser aufgestellt und spielte ohne Makel, dafür mit weniger Herzblut. Um es mit Chris von Rohr zu sagen: zu wenig Dräck. Die Bayerin gehört zu den besten Zydeco Interpreten Europas und ist hörbar eine begnadete Akkordeonspielerin, die ihr Instrument mit traumwandlerischer Sicherheit spielt. Trotzdem war ihr Auftritt irgendwie nur perfekt, hatte aber wenig Seele.

Eviva España

Den Freitag eröffnete Grand Cannon. Die Band besteht aus den zwei Mitgliedern der ehemaligen Spassgruppe Pfuri, Gorps und Kniri, nämlich Roland Baldenweg (Pfuri) und Peter Knaus (Kniri). Der dritte im Bunde, Anthony Fisher (Gorps), war 2000 verstorben. Pfuri, Gorps und Kniri war so etwas wie die Fortsetzung der Skiffle Band mit anderen Mitteln. Ihr Markenzeichen war die Verwendung von alltäglichen Gegenständen als Instrumente und ihre Show war darauf angelegt, die Zuschauer zu verblüffen und zu amüsieren. Dabei blieb die Kritik an der Wegwerfgesellschaft, die Teil des Konzepts war, weitgehend unbeachtet. Ebenso ging unter, dass sowohl Baldenweg als auch Knaus eine solide musikalische Ausbildung genossen hatten und bei der Gründung der Gruppe bereits Mitglieder in renommierten Formationen gewesen waren und eine eigene Karriere vorweisen konnten. Sie waren in den späten 70er bis in die frühen 80er Jahren sehr erfolgreich,  traten zweimal am Festival in Montreux auf und schafften es sogar an den European Song Contest 1979. Danach löste sich die Band auf.

2014 gründeten Pfuri und Kniri die neue Formation Grand Cannon. An Gorps‘ Stelle trat der geborene Chicagoer Gitarrist und Sänger Zach Prather. Beibehalten wurde das Konzept: «Macht es ein Geräusch, ist es auch ein Instrument». Auch das Element der Verblüffung behielten sie bei, wenn sie Mülltonnen, Giesskannen, Bettflaschen, Laubrechen, Gartenschläuche oder Abfallsäcke zum Musizieren verwenden. Musikalisch wurde das Ganze solider. Sie spielten in Basel weitgehend das eigene Material, das auch auf ihrer aktuellen CD «Boom» zu hören ist. Wahrscheinlich ist es nicht ganz einfach, die Songs mit diesem Konzept zu arrangieren. Zu leicht kippt es um und wird zum Klamauk. Grand Cannon schaffen diesen Spagat zwischen musikalischem Anspruch und witzigen Einfällen einigermassen. Zach Prather bildet den «seriösen» Gegenpol und Baldenweg und Knaus zeigen auf Harmonika, Posaune und Akkordeon, dass sie ihr Handwerk beherrschen. Heraus kommen durchaus anspruchsvolle Songs. Mit dem Zwang zum ständigen Schalk im Nacken reduziert sich aber die Gruppe auf die Abteilung «Fun».

Das beste Konzert des Abends lieferten die Gewinner der European Blues Challenge 2014 ab: die Band A Contra Blues aus Barcelona. Im gleichen Jahr traten sie an den Festivals in Sierre und Luzern auf und begeisterten das Publikum. Nun hatten sie in Basel Gelegenheit, sich vorzustellen. Mit einem gutem Gefühl für Dramaturgie begann ihr Set mit einem vom Bandleader Jonathan Herrero Herreria  wunderbar a cappella vorgetragenen melancholischen Blues langsam, getragen und ruhig. Mit dem Einsetzen der restlichen Band aus den beiden Gitarristen Alberto Noel Calvillo Mendiola und Héctor Martin Diaz, dem Bassisten Joan Vigo Fagin und dem Schlagzeuger Núria Perich Chastang war es vorbei mit der Ruhe. Gewiss gab es die eine oder andere ruhigere Ballade, aber im Wesentlichen gab es einen Reigen energievoller Songs, die meisten aus der eigenen Küche. Die beiden Gitarristen lieferten einige Passagen in denen sie sich gegenseitig zu anspruchsvollen Soli aufschaukelten. Ihr Blues war vielseitig und durchgehend modern arrangiert und mit viel Swing und grosser Leidenschaft vorgetragen. Als Zugabe gab es eine feine Version des Klassikers «Georgia on my mind»

Den Abend beschloss die Mitch Kashmar Blues Band mit einem routinierten Set klassischer Standards. Der 55 jährige Kalifornier ist auf einer ausgedehnten Europa Tournee und stützt sich dabei auf eine Band aus Topmusikern der deutschen Szene ab: Jan Hirte (git), Niels von der Leyen (p) und Andreas Bock (dr), die er auch in Basel dabei hatte. Kashmar gehört zu den Top Harpspielern, was er im Volkshaus eindrucksvoll bestätigte.
 

Geburtstagsständchen

Othella Dallas. Sie war gefeierte Solotänzerin und hatte grosse Erfolge in ihrer zweiten Karriere als Sängerin in den besten Häusern dieser Welt und teilte mit den Grossen des Jazz die Bühne: Duke Ellington, Sammy Davies jr., Quincy Jones, Nat King Cole, um einige zu nennen. Seit 1960 lebt sie in der Schweiz, ihre Karriere brennt auf Sparflamme, sie widmet sich ihrer Familie. Mitte der Siebzigerjahre eröffnet sie «Othella Dallas Dance School» in Basel. 2008 will sie es nochmal wissen und startet mit der CD I Live The Life I Love erneut eine Karriere, tritt in Clubs und an Festivals auf, bis heute. Im Herbst 2015 wird sie ihren neunzigsten Geburtstag feiern, was für sie noch lange kein Grund ist, sich zur Ruhe zu setzen.  

Zu diesem Anlass hat sie das Bluesfestival mit ihrer Show eingeladen. Mitgebracht hatte sie den Pianisten Hannes Bürgi, die Gitarristen Urs Müller und als «Special Guest» Ueli Gasser, den Bassisten Simon Kaufmann und für das Schlagzeug Lukas Gasser. Jeder einzelne davon ist ein ausgewiesener Könner  und sie hatte damit eine Klasse Band, die durchgehend erstklassig spielte und dabei ihre Grand Old Ladyauf Händen trug. Dallas begann, passend zum Anlass, mit Sam Theards Let The Good Times Roll und sang sich durch etwa ein Dutzend Standards, alle routiniert vorgetragen. Zu Help The Poor, den dritten Song, bat sie Ueli Gasser auf die Bühne, der mit subtilen Spiel brillierte, zwischendurch auf der «Lap Guitar» (C.C. Rider und House Of The Rising Sun.). Am Schluss des Sets gab es Gratulationen ihrer Schüler und Blumen. Es war ein sehr persönlicher Abend in guter Stimmung. Zum Schluss gab es als Zugabe James Browns I Feel Good. . .

Im Gegensatz zur Amerikanerin, die in Basel wohnt, lebt der Basler Sam Burckhardt in Chicago. Seine Verbundenheit mit Basel bringt ihn oft her er ist inzwischen so etwas wie der Scout des Festivals in der Windy City und darüber hinaus geworden. So bringt er seit Jahren immer wieder neue und interessante Gesichter nach Basel. Dieses Mal brachte er gleich zwei spannende Musiker mit: den Harmonikaspieler Jim Liban und den Gitarristen Joel Patterson mit seinem Trio. Liban ist ein völlig zu Unrecht wenig bekannter Musiker, obwohl er seit fünfzig Jahren Harmonika spielt. Er kommt aus einer Zeit, «in der du die weissen Musiker, die anständig Bluesharp spielten, an einer Hand abzählen konntest – und du brauchtest nicht alle Finger» (Rick Estrin). Einer davon war Jim Liban. Die Liste der Kollegen, die ihn über den grünen Klee loben, ist lang. Er ist auch ein erfolgreicher Songschreiber, dessen Titel von John Mayall oder Johnny Winter gecovert wurden. Der Tod seiner Frau Ann 2007 warf ihn aus der Bahn. Er erkrankte und lebte zurückgezogen in Milwaukee bis ihn 2012 Joel Paterson zurückholen konnte und mit Ihm die CD I Say What I Mean einzuspielen. Zum Trio gehören der vielseitige texanische Slap-Bass Virtuose Beau Sample und Alex Hall am Schlagzeug. Joel Paterson ist ein begnadeter Gitarrist. Alles fliesst ihm wie selbstverständlich aus den Fingern. Stile sind keine Grenzen. Mühelos bewegt er sich durch jazzige Instrumentalstücke, spielt Jump Blues und Rockabilly, die einen vom Sitz holen, oder klassischen Chicagoblues. Er war Miglied in der Jim Liban Blues Combo. Sam Burckhardt hatte sein Saxophon mitgebracht und so stand alles für ein attraktives Set bereit.

Im ersten Teil des Auftritts gab es entspannten, Jazz-inspirierten Blues und  schönen Jump Blues mit eleganten Improvisationsduellen zwischen Paterson und Burckhardt. Erst seit wenigen Jahren hat Sam Burckhardt mit dem Singen angefangen. «Man hatte mir immer wieder gesagt, ein Bluesmusiker müsse auch singen können», so erklärte er seinerzeit den Entschluss. Mit Route 66 bewies er, dass er das inzwischen ziemlich gut kann. Nach dem dritten Titel kam dann Liban auf die Bühne. Jim Libans Harpspiel ist gediegen und elegant.  Er entlockt dem Instrument wunderbar reine und warme Töne, die man selten hört. Zusammen legten die fünf Musiker einen stilvollen Ausklang des Festivals hin.

 
 
 

Bluesfestival,, Blues,, Basel, bluesfestival basel