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Eric Clapton mit Gast J.J. Cale – Live in San Diego

Recycling Eric

ERicClaptonLiveSanDiegoCDCoverEnde September ist ein Doppel-CD-Album erschienen von der allgemein als grossartig empfundenen Tournee Eric Claptons aus dem Jahr 2007, auf der dieser sich mit den Sidemen Derek Trucks und Doyle Bramhall II umgeben hatte. Es mag ja sein, dass Clapton wegen seiner seit 2013 wiederholt eingeräumten Beschwerden beim Gitarrenspiel nicht mehr so lange im Studio sein mag wie früher, aber ein neun Jahre altes Konzert zu veröffentlichen scheint dennoch etwas sehr befremdlich (im Mai 2017 wird er allerdings wieder in der Royal Albert Hall spielen). Die CD als Scheibe oder als Download zu kaufen, kommt informationsmässig aufs Selbe raus, bei der CD gibt es kein Booklet und keine sonstige Information. Bemerkenswert ist ausserdem, dass Bramhall und Trucks nirgends erwähnt werden. Sie sind auf dem Ausklapp-Foto in der Mitte zu sehen, auf dem hinteren Umschlag sind nur die beiden älteren Herren zu sehen, obwohl das eine Aufnahme von der Bühne ist, als alle vier am Bühnenrand sitzen.

Also einfach eine CD-Veröffentlichung, mit der der gute E.C. mal wieder etwas Geld für sein Crossroad-Center sammelt? Oder war die von ihm bezahlte Beisetzung Cales doch teurer? Es gibt einige sonderbare Auffälligkeiten rund um diese CD, aber um hier nicht allzu düster zu werden, nehmen wir mal an, es ging nur drum, dass die Fans endlich ein Konzert dieser gross gefeierten Tournee anzuhören kriegen. Konzentrieren wir uns also auf das, was es hier auf die Ohren gibt. Das wären personell gesprochen neben den erwähnten Gitarristen die Keyboarder Chris Stainton und Tim Carmon, Bassist Willie Weeks und Schlagzeuger Steve Jordan. Im Hintergrund singen Michelle John und Sharon White.

Das gespielte Material ist ausser dem Zwischenteil mit J.J. Cale vor allem eine neuerliche Überarbeitung des Katalogs von Derek & The Dominos. Vom epochemachenden Album Layla And Other Assorted Love Songs stammen Layla, Tell the Truth, Anyday, Got To Get Better in a Little While, Little Wing und Key to the Highway, hier wieder einmal elektrisch gespielt. Derek Trucks steuert einige perfekte Licks bei.

Der «Special Guest» J.J. Cale kommt auf die Bühne für die folgenden 5 Titel: Anyway the Wind Blows, After Midnight, Who Am I Telling You, das super-coole Don’t Cry Sister und Cocaine, das seit Just One Night ein Knaller ist bei jedem Auftritt. Anyway…, Don’t Cry… und Who am I… waren bereits auf der Koproduktion Road to Escondido zu hören gewesen, die anderen sind alt bekannte Titel, hundertfach gespielt, auch als Duett, etwa beim Crossroads Benefit in Texas. After Midnight ist mit Tamburin (kommt im Songtext vor!) und als Duett in Gesang und Gitarrenspiel zwischen Cale und Clapton angelegt. Dieses Muster wird beibehalten und wie zu erwarten befeuern sich die beiden Musiker sehr gut gegenseitig. Das Intro ist vom Piano angestimmt und bietet eine gewisse Abwechslung. Auf all diesen Duetten ist es jeweils Cales Gitarrensolo, das frischen Wind in den Titel bringt. Auf Cocaine sind die Background-Sänger überflüssig, Don’t Cry Sister ist näher an Cales Original auf 5 als auf Escondido. Aber hier bin ich bestimmt nicht objektiv, denn ich halte das für einen der grössten Songs aller Zeiten.

Weitere Titel sind Further On Up the Road, das Clapton bereits auf The Last Waltz und mit Freddie King gespielt hatte, sowie natürlich auf Just One Night. Motherless Children, ein Klassiker, auch gespielt von Son House und Josh White, erschien erstmals auf 461 Ocean Boulevard, Claptons erstem Solo-Album. Crossroads und Wonderful Tonight muss der Mann wohl spielen, wer die Rolling Stones hört, möchte schliesslich auch Satisfaction hören. Und Wonderful Tonight wurde schliesslich immer wieder neu arrangiert, man denke an die Reggae-Variante auf Wyclef Jean All Star Jam at Carnegie Hall. Hier ist es wieder die «normale» Version, wie auch auf dem Benefit-Konzert für den Crossroads-Center zu hören ist oder auf One More Car One More Rider. Auf Crossroads kommt Robert Cray für einige Licks und Gesang auf die Bühne.

Bleibt noch der Ausreisser des Albums: Little Queen of Spades, der Robert-Johnson-Titel, der auf Me & Mr. Johnson über die Dauer von fast 5 Minuten zu hören ist. Hier geht der Titel mehr als dreimal so lange, und mit über 17 Minuten übertrifft er sogar die Version von Crossroads Guitar Festival 2007 um 4 Minuten. Es ist reinster Clapton Gitarrenplausch, mit Musse und seiner einzigartigen Klarheit reisst er den Titel an, um dann den anderen Herrn auch Raum zu lassen. Die Band könnte auch noch weitere 17 Minuten spielen, so wie sie das Stück tragen, und wer eines der Konzerte gehört hat, wird sich mit freudigem Schauer daran erinnern.

Nach dem Anhören des Albums muss man sagen, dass trotz aller eingangs geäusserten Bedenken die Freude an dieser wunderbaren Musik, die Vertrautheit seiner Stimme und die selten gehörten Titel Little Wing und Don’t Cry Sister wieder versöhnen und man denkt sich: selbst wenn er die Veröffentlichung gemacht hat, um Geld zu machen: erstens bietet er was dafür und zweitens wissen wir wenigstens, dass er mit dem Geld keine Drogen kauft.

1. Tell the Truth 6:23
2. Key to the Highway 4:12
3. Got To Get Better in a Little While 9:35
4. Little Wing 6:58
5. Anyday 6:05
6. Anyway the Wind Blows (with Special Guest JJ Cale) 5:32
7. After Midnight (with Special Guest JJ Cale) 5:44
8. Who Am I Telling You? (with Special Guest JJ Cale) 4:52
9. Don't Cry Sister (with Special Guest JJ Cale) 3:33
10. Cocaine (with Special Guest JJ Cale) 5:31
11. Motherless Children 5:23
12. Little Queen of Spades 17:21
13. Further On Up the Road 6:49
14. Wonderful Tonight 4:31
15. Layla 8:25
16. Crossroads 6:55