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Lil' Ed & the Blues Imperials - Jump Start

Chicago – Texas und zurück

LilEdAndBluesImperialsJumpStartCDCoverWie der Phönix aus der Asche wurde die Band Lil' Ed & the Blues Imperials im Jahr 1999 wiedergeboren, und um sich ihnen anzunähern, haben wir uns für ihr jüngstes Album mit dem aus Sicht der Bandgeschichte wiedersinnigen Titel Jump Start aus dem Jahr 2012 entschieden. Und eine Annäherung an die Band zeigt, dass diese klassischen Chicago-Blues spielt, mit einer brettharten Slide-Gitarre, einem unerbittlich vorantreibenden Rhythmus und einer wunderbaren Gesangsstimme von Bandleader und Songwriter der Band: «Lil’» Ed Williams. Das Besondere des Bandsounds ist dabei die Anlehnung an den Texas-sound bei Gitarren-Fill-Ins, die mehr nach Albert King klingen als nach Muddy Waters. Insgesamt eine sehr ansprechende moderne Interpretation des Bluessounds mit grossem Unterhaltungswert.

1980 war bekanntlich nicht ein gutes Jahr für den Blues – die Musik galt als altbacken und die neuen Möglichkeiten elektronischer Sounds brachten sterile Elektro-Pop-Bands heraus. Die Hinterfragung brachialer Maskulinität durch androgyne Wesen wie Boy George, George Michael oder Sänger Thomas Anders des deutschen Pop-Duos Modern Talking liessen die im Blues zelebrierte Männlichkeit à la Jimmy Witherspoon oder Albert King geradezu steinzeitlich aussehen.

JBHuttoOnStageSWIn dieser Zeit gründeten zwei Neffen von Bluesman Joseph Benjamin «J.B.» Hutto (1926–1983; Bandleader von J.B. Hutto & the Hawk Squad) trotz allem ihre eigene Bluesband, in der sie ihren Onkel kopierten. Dies bezog sich bei Bandleader «Lil’» Ed Williams nicht nur auf den «Blues Shouter» Gesang, die Slide-Gitarre oder die mitunter lächerlich anmutenden Kopfbedeckungen (Fotos von Hutto siehe links), sondern auch auf den stark an Elmore James angelehnten Chicago-Bluessound und die flamboyanten Bühnenauftritte. Sein Halbbruder James «Pookie» Young spielte den Bass und gemeinsam riefen sie die ersten Blues Imperials aus, die aber trotz Vertrag bei «Alligator Records» und drei Veröffentlichungen keine Lebensgrundlage als professionelle Band bot. 1992 löste sich die Band auf, 1999 wurde sie erneut gegründet, wobei sich die beiden Halbbrüder nun mit dem Weissen Gitarristen Michael Garrett und Schlagzeuger Kelly Littleton zusammenschlossen.

In dieser Formation veröffentlichten sie 1999 Get Wild sowie in Folge Heads Up (2002), Rattleshake (20026, Full Tilt (2008) und 2012 schliesslich Jump Start. Vergangenen November war die Band in Luzern zu hören. 2007 wurde Ed Williams als Blueskünstler des Jahres mit dem «Blues Music Award» ausgezeichnet und 2009 ging der Preis an die Band als Band des Jahres.

Was den Sound ausmacht, so ist insbesondere die Gitarre von Garrett bemerkenswert, denn dieser ist eindeutig ein Anhänger des Texas Sound à la Albert King und die Kombination aus Elmore James und Albert King ergibt einen mitreissenden und fröhlichen Sound. Die lebensnahen und erfrischenden Texte diskutieren das aktuelle Leben: No Fast Food ergreift Partei gegen den Hamburger als Grundnahrungsmittel, Moratorium on Hate engagiert sich gegen die Gang-Kriege und Gewalt im Öffentlichen Raum. Das sind keine alltäglichen Blues-Themen, aber sie werden hier mit der richtigen Mischung aus angemessener Schwere und Augenzwinkern angesprochen.

Lil’ Ed mag ein Showtalent sein und ein bisweilen clownesker Performer, aber seine Liebe zum und seine Fähigkeit im Blues sind profund und das wird bei jedem Song von neuem klar. Dazu kommt die aufregende Mischung aus Chicago-Bluestradition und Texas-Gitarre, die den Sound sanft modernisiert und erneuert. Das Album Jump Start scheint zwar nicht so passend für eine zweimal geformte und dazwischen zur Ruhe gelegten Band, aber es ist schliesslich auch nicht ihr Deut, sondern ein Album, bei dem alle genau wissen, was zu tun ist und wie sie es anzugehen haben.

Lil' Ed & the Blues Imperials Jump Start (2012)
Lil’Ed Williams Slidegitarre und Gesang
Michael Garrett Gitarre (Soli auf Jump Right In, Weatherman) Begleitgesang
James «Pookie» Young Bass und Begleitgesang
Kelly Littleton Schlagzeug
Marty Sammon Orgel und Klavier auf 4, 5, 8, 11, 14
1. If You Were Mine 2:45
2. Musical Mechanical Electrical Man 3:27
3. Kick Me To The Curb 3:05
4. You Burnt Me 3:47
5. House Of Cards 3:56
6. Born Loser 2:45
7. Jump Right In 3:06
8. Life Is A Journey 5:37
9. World Of Love 4:00
10. Weatherman 3:48
11. If You Change Your Mind 4:32
12. No Fast Food 2:42
13. My Chains Are Gone 4:30
14. Moratorium On Hate 4:00