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Dave Peabody Right Now Blues

Der Delta-Blueser aus England

Das deutsche Label «Blind Lemon Records» ist spezialisiert auf feinen akustischen Blues gespielt von sehr virtuosen Musikern, gerne auch Veteranen, welche offenbar die künstlerische Freiheit schätzen, die Produzent und Label-Gründer Thomas Schleiken seinen Musikern lässt. Der englische Bluesman Dave Peabody passt perfekt ins Portfolio des Verlags: akustischer Fingerstyle-Gitarrenblues, mit oder ohne Slide, sehr in der Tradition von Giganten des Genres wie Big Bill Broonzy, Lonnie Johnson und Scrapper Blackwell. Peabody spielt auf Right Now Blues den Blues der 1920er bis 1940er Jahre in einer Perfektion, die atemberaubend ist. Er kopiert Spiel und Gesang der Vorbilder so umfassend, dass es über eine museale Reduktion hinausgeht und wieder Leben erhält. Dave Peabody hat sich im Laufe der letzten bald 50 Jahre, in denen der Musiker ist, in einen Bluesman verwandelt, der die Musik des Delta und des Südens restlos verinnerlicht hat und diese reproduzieren kann, als habe er den Blues das erste Mal auf dem Schoss seiner Grossmutter gehört, mit Blick auf Clarksdale.

Der Mann (Jahrgang 1948) war ein Pionier des britischen Blues und er spielt seit den frühen 1970er Jahren in unterschiedlichen Formationen, die ja auch in der damaligen Zeit unaufhörlich personell umgeformt wurden und ebenso häufig den Namen wechselten (vgl. hierzu den Text Rock Notes von Monty Python). Er entschied sich früh für den akustischen Blues, bald kamen Solo-Veröffentlichungen hinzu. Zuletzt hatte er 2005 Slide by Slide herausgebracht, nun also ein neuer Vertrag mit «Blind Lemon». Die neue Aufnahme ist von makelloser Qualität, wie man das von den anderen Aufnahmen Schleikens gewohnt ist. Die Lebendigkeit der Aufnahme ist insbesondere deshalb ein Genuss, weil die Originale vieler der hier gespielten Titel verrauschte Mono-Aufnahmen sind, von Schellack-Platten schlecht und recht gerettet. Eine so frische und allen Ansprüchen des HiFi-Genusses genügende Aufnahme mit einem Titel von jemandem wie Frank Stokes ist für sich schon eine Freude. Peabody betreibt hier fast schon Blues-Archäologie.

In 50 Jahren Bühnenerfahrung und unzähligen Alben hat sich Dave Peabody, der Engländer aus Middlesex (rechts etwas früher in seiner Karriere gezeigt), seinen britischen Akzent abtrainiert und singt in einer Art Südstaaten-Country-Drawl, was manchmal etwas aufgesetzt klingt, meistens aber nicht auffällt. Die Musik aber ist wunderbarer Country-Blues wie man es gerne hat: mit dieser gewissen Portion Ungenauigkeit, die den Song lebendig erhält. Schwer zu glauben, dass hier kein original Delta-Blueser singt, so perfekt kopiert er die Originale. Peabody spielt die Blues-Gitarre in all ihren Variationen, die zugleich die Samen sind, aus denen Jump Blues oder der Jazz hervorgehen sollten. Fröhlich gespielte Musik, mehr Tanzlokal als Field Holler ist hier das Motto.

Er spielt ein Repertoire von weitgehend unbekannten Songs der grossen Stars der Zwischenkriegszeit. Deshalb sind unten im Steckbrief der CD neben den Titeln auch die Namen der Autoren vermerkt. Drei Titel und zwei Arrangements sind demnach von Peabody, aber diese Stücke unterscheiden sind nur unmerklich von den anderen Songs, in denen er Originale covert.

Muddy Water, Ducks Yas Yas Yas, Right Now Blues, West Indies Blues undI'll see you in my Dreams werden unterstützt von der sanften Geige von Regina Mudrich, die weniger nach Folk-Fiedel klingt denn nach einer klassischen Geige, allerdings praktisch ohne Vibrato gespielt. Alle anderen Stücke spielt Peabody alleine und singt auch dazu.

Untitled Blues ist ein wunderbares Werkstück von Peabodys Virtuosität auf der Gitarre. Ein Instrumentalstück gemäss dem Bluesschema, mit zahlreichen Variationen in den einzelnen Stufen, ein Titel zwischen Blues und Jazz, wie der Autor Lonnie Johnson. Highway 61 ist vielleicht das Original, das Bob Dylan später ein weiteres Mal besuchte (ich habe keine Ahnung, wieso Dylans Album von 1965 so heisst), auf jeden Fall ein mitreissender harter Blues von «Mississippi» Fred McDowell.

Wer die Namen der Autoren liest und gewisse wiedererkennt, dem werden diese grossartigen Aufnahmen helle Freude bereiten, wer Bill Broonzy mag oder andere frühe Solo-Bluesmen, der kriegt hier für wenig Geld Grosses geboten, ein Experte, der sein Leben über diese Kunst perfektioniert hat und der nun zeigt, was er kann. Die CD ist direkt beim Verlag für 15 Euro erhältlich.

Dave PeabodyRight Now Blues (2015)
1. Got the Blues, Can't Be Satisfied 2:50 «Mississippi» John Hurt
2. Evil Hearted Woman Blues 3:27 Oscar «Buddy» Woods
3. Dark Side of Town 2:49 Dave Peabody
4. Muddy Water 3:02 Leroy Carr
5. Where is the Gambling Man? 3:20 Trad. arrangement Peabody
6. Ducks Yas, Yas, Yas 2:29 James «Stump» Johnson
7. Untitled Blues 3:23 Lonnie Johnson, arr. Peabody
8. Highway 61 3:39 «Mississippi» Fred McDowell
9. Right Now Blues 2:52 Frank Stokes
10. Rhythm Dance 2:56 Dave Peabody
11. Shady Lane Blues 4:11 Leroy Carr
12. West Indies Blues 2:16 Edgar Dowell, Spencer Williams, Clarence Williams
13. You Can't Blame Me 3:09 Dave Peabody
14. I'll See You In My Dreams 2:38 Isham Jones