Blues aus Aarhus
Der 1977 geborene Musiker ist spätestens seit 2002 der Topact in Dänemark, nachdem er mit seinem ersten Album My Lover For The Blues für grosse Aufmerksamkeit bei Publikum und Fachwelt gesorgt hatte. Seither hat er fünf weitere Alben heraus gebracht, das aktuelle Album heisst «Home» (2014). In seiner Heimat hat er fünf Musikpreise gewonnen. 2005 wurde sein Song «Stuck With Me» mit dem Independent Music Award ausgezeichnet. Die meisten seiner Songs schreibt er selbst, einige stammen aus der Feder seiner Bandmitglieder. Er unterhält in seinem Haus auch ein eigenes Studio, das ihm enorm viel Spielraum lässt, seine Songs zu entwickeln. Er spielt ein Programm aus Blues, R&B und Soul auf moderne Art interpretiert, aber fest in der Tradition des Blues verwurzelt, Geschichten zu erzählen. Seine Songs sind raffiniert und abwechslungsreich. Inhaltlich befassen sie sich mit den Gefühlen und Problemen zwischen Mann und Frau, den Schwierigkeiten des Musikerlebens, Familie und Tour zu vereinbaren, der Sehnsucht nach zuhause, lauter Gefühle, die wir alle kennen. Mikes Gitarrenspiel ist exzellent und voller Variationen. Sein Gesang überzeugt sowohl in den ruhigen, eher poetischen Augenblicken, als auch in den kraftvollen, leidenschaftlichen Songs. Seit einiger Zeit vergrössert er seinen Wirkungskreis und ist auch ausserhalb Dänemarks zu sehen. Das wird den Kreis seiner Fans mit Sicherheit vergrössern.
Rund ein dreiviertel Stunden dauerte das Konzert aus zwei Sets. Die Band aus Johannes Nørrelykke, git; Kristian Fogh, kb; Henrik Møller, b und Jens Kristian Dam, dr war solide. Henrik Møller musste offenbar kurzfristig einspringen und das aktuelle Konzert war, so liess uns Mike Andersen wissen, der erste, gemeinsame Gig mit ihm. Dafür war seine Bassarbeit exzellent. Die Songs waren durchgehend mit grossem Fingerspitzengefühl und ohne Firlefanz sauber und komplex arrangiert. Er arbeitete viel mit Background Gesang, den die Band übernimmt. Das gibt den Songs Körper. Die Band spielte das, was man zeitgemässen, frischen, modernen Blues nennt, seine Vorbilder kann man jedoch als Echo wahrnehmen. Er weiss auch aus Coverversionen etwas grossartig neues zu gestalten, ohne dass die Essenz des Songs verloren geht.
Show gab es keine und das ist auch nicht nötig, denn mit seinem gewinnenden Wesen und seinem natürlich wirkenden Charme kann er jedes Publikum in kürzester Zeit für sich gewinnen, was sich auch in Münchenstein zeigt. Sein Gesang war überzeugend. Alles klang authentisch, um das überstrapazierte Wort einmal zu verwenden.
Es gab einige Songs aus der aktuellen CD «Home» zu hören: das mit einer Prise Latin gewürzte «Water My Plants» berichtet von den Gefühlen gegen Ende einer Tournee, wenn man eigentlich viel zu lange unterwegs war und es nicht zu enden scheint. Im etwas duster beginnende Soul «Take It Out On Me» zeigt Andersen sich als toller Sänger, der subtil Gefühle ausdrücken kann. Mit «Walk You Home» folgte ein fröhlicher Anmachsong. Der poetische «Hometown Blues» erzählt von den Veränderungen im Leben, die uns denken lässt, der Heimatort habe sich verändert, wo in Wirklichkeit wir uns verändern. «Mr. Drifter» ist ein Western-Song, der perfekt als Filmmusik geeignet wäre. Den Text hatte ich verstanden, was er damit sagen möchte hingegen nicht. Schliesslich «Raindrop In A Drought», ein romantischer Slowblues.
Es folgte ein bunter Strauss an Material aus seinen früheren Alben, zum Beispiel «I’m Over You» , eine weitere Soul-Nummer über vergangene Liebe und Eifersucht. Einem seiner grossen Vorbilder, Ray Charles, widmete er zwei Songs: «The Right Time» und zum Schluss, vor den Zugaben, «Let’s Go Get Stoned» und stellte damit klar: auch R&B Titel beherrscht er souverän. Im zweiten Set steigerte sich die Band sogar noch und konnte das Publikum mitreissen. Dafür gab es üppige Zugaben.
Alles in allem ein musikalisch von A bis Z begeisterndes Konzert, das eindrücklich zeigte, weshalb Mike Andersen und seine Band nicht nur in Dänemark ein Topact ist, sondern zum besten gehört, was der europäische Blues zu bieten hat. Das Team der Münchensteiner Blues Night bewies einmal mehr ein gutes Händchen bei seiner Auswahl.
Website Mike Andersen