Jersey Julie Band Goosebumps
Die Erstlings-CD des franko-amerikanischen Trios Jersey Julie Band lässt aufhorchen. Mit den fünfzehn Titeln auf Goosebumps zeigen die Mitglieder der Band mit freundlicher Unterstützung befreundeter Musiker auf, dass sich einfache Roots-Musik heutzutage noch genauso mitreissend machen lässt wie in den «Old Days». Die Aufnahmen bestehen zur Hälfte aus selbst geschriebenen Songs, und musikalisch oszilliert die Band zwischen Country, Rockabilly und Blues, wobei sich die Band stets um einen Vintage-Sound bemüht, der dem Original verpflichtet, aber nicht museal ist. Unabhängig von stilistischen Tags zieht einen das Trio mit ihrer tiefen Verbundenheit zu dieser Musik m Sound in ihren Bann, auch und gerade wegen ihrer manchmal hypnotischen Schlichtheit. Dies ist handgemachte Musik, voller Liebe fürs Detail und abwechslungsreich präsentiert.
Das Trio Jersey Julie Band wurde hier schon vorgestellt, es besteht aus der amerikanischen Saxophonistin und Sängerin Jersey Julie und ihren französischen Mitmusikern, dem Gitarristen Olivier Mas und dem Stehbassisten Stéphane Blanc. Die Band ist im südfranzösischen Languedoc beheimatet und nach dem erfolgreichen Erarbeiten von viel Live-Erfahrung (mit wiederholten Auftritten in der Schweiz) haben sie nun in einem Studio im heimatlichen Béziers mit Goosebumps ihr erstes Album aufgenommen. Es ist eine Sammlung von Songs geworden, welche die musikalische Vielfalt wie die tiefe Verbundenheit zur Roots-Musik dokumentieren.
Neben den musikalischen Beiträgen des Trios haben sie als Special Guests mit Bernard Sellam einen zweiten Gitarristen und als Background-Chor das befreundete Duo The Bayou Brothers gewinnen können. Schliesslich gibt es noch als Perkussionisten Jean-Brice Viertri für einen Titel. Die ganze CD ist in sich stimmig und ansprechend, mitreissender Sound und viele kleine Details, die sich beim wiederholten Hören erschliessen. Wer angesichts der amerikanischen Bluesmusik jüngeren Datums manchmal den Eindruck hat, moderner Blues drehe sich allzu oft nur noch um die Frage, wer die härtesten Gitarrensoli spielt, wird bei diesem Bandprojekt grosses Vergnügen haben. Hier geht wird Musik gespielt, die zu Herzen geht, weil sie ein Gemeinschaftsprojekt ist, weil sie das Gefühl anspricht, und weil sie verhalten ist, eben dem «Vintage»-Ideal verpflichtet. Und was die Einteilung der «Blues-Polizei» angeht, um mir Richard Koechlin zu sprechen, so zählen ihre Lieder in den breiten Fundus von Blues und Country und allem dazwischen, jenseits von Genre-Grenzen.
Von den fünfzehn Titeln sind sieben Eigenkompositionen der Bandmitglieder, die insbesondere Julie und Olivier geschrieben haben, bei einem Titel teilen sich die drei die Autorenrechte. Die weiteren acht Titel sind Covers, wobei der Begriff «Coverversion» hier zu wenig weit greift. Tatsächlich sind es grundständige Neuinterpretationen der Titel. Und die Band schafft es, selbst einem Song wie Hound Dog noch ein neues Feeling zu verschaffen.
Die Scheibe eröffnet mit der Eigenkomposition Don't Worry No More, einem hypnotischen Bo Diddley-Beat (wie bei Not Fade Away von den Rolling Stones), der einen sofort in den Bann schlägt. Der zweite Titel Oh Me Oh My wird als Traditional ausgewiesen, der aber überarbeitet wurde von Danny «Mudcat» Dudeck, einem US-Musiker mit vergleichbarem Profil zwischen Blues, Zydeco und Americana. Hier zeigt sich die Tendenz, auf der Grundlage der Tradition Neues und Originelles zu schaffen.
Bemerkenswert ist Son House' Titel Grinning in Your Face. Der Song, der im Original oder auch in der Coverversion von John Mooney als düsterer, geradezu verbissener Aufruf daher kommt, nicht am Übel der Welt und der Boshaftigkeit der Menschen zu verzweifeln («Don't mind, people grinnin' in your face ; bear in mind, a true friend is hard to find»), nur mit geklatschter Begleitung, wird hier zum 12-Takt-Blues umfunktioniert und die Stimmung wirkt fröhlich, gehoben, wie bei einem Selbsthilfe-Seminar. Das ist eine wahre Neuinterpretation des Songs. Auch aus Big Mama Throntons Hound Dog holt das Trio zusätzliche Nuancen raus, was insbesondere den herausragenden Gesangsqualitäten Jersey Julies zu verdanken ist, die diesen Titel trägt.
Doch auch das Instrumentale ist reif und differenziert. Stéphane Blancs Bass auf dem Rockabilly-Titel Worried About You Baby und Rockabilly Fever oder die elektro-akustische und Slide-Gitarre von Olivier Mas sind den Titeln stets perfekt zuträglich. Julies sehr persönliches und enorm ansprechendes Saxophon tut das ihre hierzu. Das Zusammenspiel von Slidegitarre und Alto-Sax auf Red Riding Hood ist ein gutes Beispiel für den einfachen und dabei hypnotischen Charakter der Songs. Olivier und Julie spielen so nahtlos zusammen, dass der Slidegitarren-Riff und die Melodie des Saxophons zu einem zusammen wachsen. Das ist grosse Klasse und zeigt, wie innig das Paar hier harmoniert.
Hope No Gal ist ein spezieller Titel, weil er als einziger Song von allen drei Bandmitgliedern gemeinsam geschrieben wurde. The Promise baut auf Stéphane Blancs makellosen Kontrabass auf. Der Tieftöner bietet die Grundlage für die Slide-Licks von Olivier Mas. Dieser Titel ist Delta Blues im besten Sinn.
Auch die beiden Kompositionen von Olivier Mas, der instrumentale Jersey Shuffle und der luftig-fröhliche Blues Great Chance, zitieren die Bluesliteratur auf eine Weise, die der Tradition verbunden bleiben, die aber ihr eigenen Ausdruck finden. Great Chance etwa schrieb Mas nach einem Besuch in New Orleans, es wurde ein Titel mit einer fingerpicking-Gitarre im Mittelpunkt, aber nicht Delta-Blues, sondern angelehnt an die Carolina-Tradition der Gitarrenpicker. Das sind einfach schöne Stücke.
Insgesamt wirkt diese CD weniger wie ein Erstlingswerk als wie die Produktion einer abgeklärten und wohl eingespielten Band, was die drei nach ihrer Weise an der Roots-Musik begeistern werden. Die CD gibt es im Onlinehandel oder direkt auf der Homepage der Band www.jerseyjulie.com.
Jersey Julie Band Goosebumps
Special Guests