Nick Moss Band From the Root to the Fruit
Umfassende Betrachtung
Von den Wurzeln bis zu den Früchten klingt nach Werkschau. Ist die neue CD also eine Karriere-Retrospektive von Nick Moss? Weit gefehlt. Trotz des Titel From the Root to the Fruit ist das neue Album der Nick Moss Band weniger Best of-Material als Blues-Musikgeschichte, und in diesem Zusammenhang auch ein Album zur Band. Das Studio-Doppelalbum From the Root to the Fruit beinhaltet neu eingespielte Bluestitel im traditionellen Chicago-Stil, die wohl die «Wurzeln» darstellen, aber CD 2 enthält dann auch die daraus erwachsenden «Früchte»: Musik mit einem Blues-Feeling, das aber kein Blues ist, sondern vielleicht als Rock oder R’n’B bezeichnet werden kann. Das Album erscheint dennoch wie aus einem Guss, was mit Nick Moss’ einheitlicher musikalischer Vision zu tun hat, aber auch mit der Kompaktheit der Band. Einmal mehr ein Album mit Blues-basierter Musik von Nick Moss, dessen Frau Kate das nach meinem Empfinden uninspirierte weil allzu plakative CD-Cover designt hat. Herausragend ist der Gesang von Michel Leadbetter, eines Sängers mit Opern-Schulung, der ebenfalls von Kate Moss entdeckt wurde. Wenn es eine Erkenntnis gibt aus dieser CD, dann die, dass Nick Moss das Konzept einer Bluesband als einer Einheit hochhält. Hier geht es nicht um Individualisten, das Kollektiv ist der Star — Chicago-Bluestradition eben.
Bluesfans mit offenen Ohren haben Nick Moss in den vergangenen zehn Jahren irgendwann mal gehört. Der schwergewichtige Mann aus Chicago hat Blueslicks mit der Muttermilch eingesogen und sein Verständnis für Blues ist umfassend und vielseitig. Mit mehreren grossartigen Alben wurde Nick Moss zum Chicagoer Blues-Paten seiner Generation. Wie die Vorbilder früherer Jahrzehnte pflegte der Gitarrist, Sänger und gelegentliche Harmonikaspieler einen gemeinschaftlichen Ansatz zur Musik, weshalb er neue Leute in seine Band Aufnahme und die Setups variierte.
Sein jüngstes Album ist nun eine Studio-Retrospektive der musikalischen Vielfalt des Blues und gleichzeitig eine Aktualisierung des Band-Line-Ups. Die neue CD hat einige Stücke, die auch auf dem Live-Album aus dem Baltikum zu hören war, allerdings sind die nun veröffentlichten Versionen Studioaufnahmen, kurz und weniger ausschweifend als jene auf Live & Luscious.
Neu ist Michael Leadbetter, der eine vollkommen neue Qualität zur Band bringt: eigenständigen und eingängigen Gesang. Leadbetter (auf dem Band-Foto ganz links) hat eine hohe und eindringliche Stimmt, die deutlich an Joe Louis Walker erinnert. Der Gesang ist sehr gut und Leadbetter drängt sogar die ausgezeichnete Gitarrenarbeit des Bandleaders etwas in den Hintergrund. Auch andere Auftritte von Gastmusikern bringen etwas Abwechslung in die Songs – obwohl es das nicht gebraucht hätte: Gordon Beale (mit dem Namen MUSS man ja Bluesman werden) spielt auf dem traditionellen Chicago-Blues Make Way For Me.
Wenn dieses Doppelalbum ein Attribut verdient, dann das, abwechslungsreich zu sein. Der Gitarrenton, der Gesang, die Instrumentierung, das Feeling unterscheidet sich von Song zu Song, bleibt aber stets im emotionalen Rahmen des Blues und somit stimmig und überzeugend. Serves Me Right ist ein psychedelischer Blues mit stark manipuliertem Gitarrensound, mehr Hendrix als Rodgers, aber dennoch Blues – wenn auch nicht harmonisch. Mit 9:43 hätte dieser Titel auch Pink Floyd gut angestanden.
Das Doppelalbum ist eine wahre Wundertüte, aber im Gegensatz zur wörtlichen Überraschung, aus der man immer wieder Enttäuschungen zieht, überzeugt dieses Album mit jedem Anhören mehr. Hier gibt es die erste CD als Stream verfügbar, hier die zweite.
Nick Moss Band From the Root to the Fruit (2016)
CD 1 | (ca 58 Minuten) | |
1. | Before the Night Is Through | 3:10 |
2. | Make Way for Me | 3:24 |
3. | Dead Man's Hand | 4:19 |
4. | From the Root to the Fruit | 3:54 |
5. | Haymarket Hop | 5:24 |
6. | Symone | 4:03 |
7. | Love Me | 2:30 |
8. | Lost and Found | 6:16 |
9. | I Dig | 4:02 |
10. | Rump Rash | 6:03 |
11. | Long Tall Woman | 2:45 |
12. | The Woman I Love | 4:29 |
13. | Walk Away | 5:17 |
14. | Cold Sore | 1:58 |
CD 2 | (ca 80 Minuten) | |
1. | Catch Me I'm Falling | 4:52 |
2. | Jupiter Florida | 6:03 |
3. | Breakdown | 6:29 |
4. | Serves Me Right | 9:43 |
5. | Ta Ta for Tay Tay | 4:35 |
6. | Breathe Easy | 7:13 |
7. | Free Will | 6:36 |
8. | Grateful | 5:32 |
9. | Shade Tree | 5:23 |
10. | Stuck | 5:04 |
11. | Stand By | 6:03 |
12. | Speak Up | 7:18 |
13. | Heavy Water | 4:59 |
14. | [Hidden Track] | 0:07 |