Bernard Allison In The Mix
Kraftlos, Lustlos, nichts los
Schon das Cover ist wenig einladend: Bernard Allison sitzt bekleidet mit Pudelmütze und Hoodie der «Denver Broncos» und Dreadlocks vor dem Gesicht im Studio und nudelt auf einer Gibson SG herum, das Slide auf dem kleinen Finger. Wohlmeinend könnte man es als Versunkenheit in die Musik interpretierend, aber nach Anhören des Albums wirkt es mehr wie ein Zeichen, dass er sein Ding durchzieht, egal, wie andere das finden. Natürlich ist alles Geschmackssache, aber die neueste CD von Bernard Allison empfand ich als lustloses Abspulen von den immer gleichen Licks, als halt einfach ein weiteres Album, denn so steht's nunmal im Vertrag. Stilistisch ein Durcheinander, scheint mir vor allem die zum Einsatz kommende Zusammensetzung der Bernard Allison Group allzu sehr auf Rock abonniert, um ein Blues-feeling aufkommen zu lassen. Mag ja sein, dass ich die Genialität des Albums nicht verstanden habe - es wäre bestimmt nicht das erste Mal - aber die CD Nummer 17 von Luther Allisons Sohn Bernard ist langweilig und bei mir sprang kein Funke.
Es ist nicht schön, negative Kritiken schreiben zu müssen, aber als Warnung ist gerade in der modernen Medienwelt wichtig, die allzu oft unreflektiert Lobeshymnen rezykliert. Bernard Allison hat mit diesem Album 10 Songs vorgelegt, davon 5 Eigenkompositionen, und es ist sein erstes Soloalbum oder Album mit der Bernard Allison Group seit mehreren Jahren. Eine Zusammenarbeit mit Cedric Burnside war nur von kurzer Dauer, und mit dem aktuellen Album tritt er wieder als Bandleader auf. Er ist auch alleiniger Sänger, aber im Gegensatz zu früheren Alben wie dem Erstling Hang On!, Keeping the Blues Alive oder auch Kentucky Fried Blues ist auf In the Mix Allisons Stimme kraftlos und wenig inspiriert. Man mag seinen früheren Gesang als manieriert abtun, aber hier ist es einfach nur noch ein Runtersingen der Texte.
Auch die Wildheit, die auf Kentucky Fried Blues eine 18 Minuten Version von Leave My Girl Alone hervorbrachte, fehlt hier. Allison hat sich von seinen Vorbildern Stevie Ray Vaughan und Luther Allison so sehr gelöst, dass er auch deren unbändigen Willen und die rohe Kraft vermissen lässt. Selbst sein Gitarrenspiel wurde spärlicher und vor allem berechenbar, jeden Lick hat man schon hundertmal gehört, und die Gitarrensoli sind etwas zurückgenommen zu Gunsten der Hammondorgel, was eine gute Idee ist.
Die Songs bieten eine radiotaugliche Mischung verschiedener Stile, etwas Funkblues, etwas Shuffle, ein Slow Blues. In the Mix bringt etwas für jeden Geschmack etwas. Das Album zerfällt grundsätzlich in zwei Hälften, die erste Hälfte der Songs ist weniger bluesig als die zweite, in der es mit Set Me Free den Höhepunkt des Albums zu hören gibt, ein Slow Blues ganz in der Tradition von Albert King gespielt. Moving on up und Move from the Hood sind Kompositionen, deren Copyright Bernard von Vater Luther geerbt hat. Die Eröffnungsnummer Five Long Years ist vielleicht ein wenig repräsentativer Anfang: ein Bluesrock-Titel ohne irgendwelches Blues-Feeling. Der zweite Tiefpunkt ist Tell Me Who, eine schmalzige Ballade, die schlicht musikalische Duzendware ist. Lust for You ist dann wieder ein neuer stilistischer Ansatz, der Titel soll wohl geheimnisvoll und sexy klingen, in meinen Ohren scheint er nicht ganz fertig und damit so aufregend wie Blümchensex.
Vieles liegt - neben Allisons schwacher Stimme und allgemein zurückhaltendem Gitarrenspiel - an der Band Schlagzeuger Mario Dawson und Bassist George Moye sind sauber und gut begleiten, allerdings immer genau auf den Schlag, ohne die aufreizender Verzögerung, die den Blues so gut macht. If I Had all the Time ist ein Paradebeispiel hierfür. Eingeleitet von einem schönen Bassriff wird mit Einsetzen der Melodie der Titel berechenbar und langweilig. Einzig Organist Mark «Muggie» Leach steuert viel zu den Songs bei und ihm ist durchwegs ein gutes Zeugnis auszustellen.
Manche Alben gefallen, manche nicht! Der erste Kritiker von Led Zeppelin im Magazin «Rolling Stone» fand ihr erstes Album grauenvoll. Deshalb sollte man sich vielleicht auf In the Mix selbst anhören, vielleicht klickt's. Aber bei mir kam das nicht, die CD ist keine Sternstunde, allerdings auch keine Katastrophe. Es ist lediglich eine weitere Kerbe in der Diskographie eines wunderbaren Bluesmusikers, und diese konnte nicht überzeugen.
Bernard Allison In The Mix (2015)
Bernard AllisonGitarre/Gesang
Mario DawsonSchlagzeug
Mark «Muggie» Leach Hammond B3, Klavier auf Track 4
George MoyeBass
Bruce B. McCabeKlavier Track 1, 5
Jose Ned JamesSaxophon, Tracks 1-4
1. | Five Long Years | 6:55 |
2. | Call Me Momma | 5:15 |
3. | Move From The Hood | 6:16 |
4. | Tell Me Who | 5:46 |
5. | Something's Wrong | 5:19 |
6. | Lust For You | 6:56 |
7. | I Had It All The Time | 4:29 |
8. | I d Rather Be Blind | 6:02 |
9. | Set Me Free | 5:34 |
10. | Moving On Up | 4:54 |