Lilly Martin - The Roadhouse Mission
Sexy Vielseitigkeit
Die New Yorkerin Lilly Martin lebt und arbeitet in der Schweiz und für ihr CD-Projekt The Roadhouse Mission hat sie sich mit feinen Musikern umgeben und ein superfetziges Album eingespielt, eine Live-Aufnahme aus dem Jahr 2013 mit 12 grossartigen Titeln, die von der verlässlichen und spielfreudigen Band getragen werden. Die besondere Attraktion geht aber klar auf Lilly Martins weiche und sinnliche Singstimme zurück. Dies ist keine Rockröhre, mehr eine sexy Soul-Stimme, die sich mühelos auch in bluesigeren Gefilden bewegt. The Roadhouse Mission ist eine gelungene Mischung unterschiedlicher Gangarten, von bluesigen bis rockigen Klängen ist alles vertreten, und alles wird mit vergleichbarer Autorität gespielt. Dies allerdings darf bei dieser Begleitband aber auch nicht erstaunen.
Lilly Martin hat sich für ihr Konzert und die Live-Aufnahme erfahrene und erprobte Bluesmen der Schweizer Szene gesucht, Tastenvirtuose Michael Dolmetsch hat in seiner Liste von Kooperationen u.a. Yvonne Moore und Richard Koechli zu nennen, Bassist Markus Fritzsche ist auch aus dem Trio Larry’s Blues Band bekannt. Profigitarrist Oliver Keller ist in allen Genres zuhause, auf seiner bemerkenswert gestalteten Website macht er klar, dass er in jeder Musikrichtung Kompetenz beansprucht. Schlagzeuger Tom Beck ist eine bekannte Grösse und eine verlässliche Bank im Sound der Live-Band. Die Band harmoniert gut, lässt sich gegenseitig Raum, aber unterstützt die Headlinerin auch vorbildlich. Ein wunderbares Konzert und die Stimmung scheint den Aufnahmen zufolge hervorragend gewesen zu sein. Die Grundlage der Musik allerdings bleibt die einzigartige Stimme Lilly Martins, die äusserst stimmungsvoll ist, fein und sanft, und dabei stets ausgesprochen sexy.
Die Songauswahl auf The Roadhouse Mission, der zweiten Veröffentlichung nach der mit Philipp Fankhauser 2012veröffentlichten Velvet Mission ist eine vielseitig Mischung. Allerdings ist dies den Titeln nicht anzusehen, denn U2s When Love Comes to Town wird hier etwas verlangsamt interpretiert, Rollin‘ & Tumblin‘ wird sogar zur Country-Hymne. Aber jeder Titel setzt seine eigene Stimmung, das macht die CD abwechslungsreich. Viele Titel bringen Anleihen bei bekannten Titeln, etwa Farther Up the Road , wenn an einer Stelle die Green Onions-Begleitung aufblitzt, aber diese können auch als Zitate und Anspielungen angesehen werden.
Der Einstieg in Konzert und CD ist funky, und die erste drei Titel sind Funk-Blues-Songs, lupenrein. Doch dann folgt mit dem Slow-Blues mit hübscher Arpeggienbegleitung. You Were Never Mine ein erster Stimmungsumschwung. Ein sehr stimmungsvoller akustischer Blues zum Intro der Solo-Gitarre ist Prosperity Blues, als die Band einsteigt ist eine entspannte Bluesstimmung präsent. Midnight in Harlem bringt ein aussergewöhnliches Gitarren-Intro, das zwischen psychedelisch und Country-Slide oszilliert. Das Slide-Solo gegen Ende des Titels ist auch sehr hörenswert. Besser können des die Grössen des Southern Rock auch nicht. Midnight in Harlem ist im weiteren Sinn ein Jazz-Titel, smart, anspruchsvoll. Goin' Greyhound ist dann eine wunderbare Eigenkomposition, die perfekt in die Sammlung passt. Tears, Tears, And More Tears scheint mit einem sensationellen Pianosolo von Michael Dolmetsch. Rollin' & Tumblin' wird mit Country-Begleitung à la Mystery Train begleitet. Etwas gewöhnungsbedürftig, aber ein weiterer Stimmungsknaller zum Schluss.
Was soll man sagen? The Roadhouse Mission ist eine in jeder Hinsicht von Spielfreude und Blues-Stimmung strotzende CD mit modernem elektrischem Blues mit Ausflügen in verwandte Stilrichtungen, aber einem unvergleichlichen Feeling für jeden Titel und über allem eine Singstimme, die alleine schon ein Gesprächsthema sein sollte.
Lilly Martin The Roadhouse Mission (2014)