Peter Oscher (1950 - 2021)
Eine Legende ist gegangen
Es stand schon seit einigen Jahren nicht gut um Paul Oschers Gesundheit. Unter anderem litt er an Diabetes, Knochenmarkkrebs und COPD. Mitte 2019 wurde eine erfolgreiche fund raising Kampagne ins Leben gerufen, um ihn zu unterstützen und die notwendige medizinische Behandlung zu finanzieren. Zuletzt arbeitete er an einem Buch, in welchem er seine persönlichen Erfahrungen niederschrieb. Vor einigen Wochen musste er erneut hospitalisiert werden, dieses Mal wegen COVID-19. Am 18. April 2021 starb er im Alter von 71 Jahren in Austin.
Der Sänger, Songwriter, Mundharmonikaspieler, Gitarrist und Pianist kam am 5. April 1950 in New York zur Welt. Ein Onkel schenkte ihm als Zwölfjähriger eine «Marine Band» Mundharmonika. Unter der Anleitung von Jimmy Johnson entwickelte sich Oschers Harpspiel rasant und bereits als Fünfzehnjähriger stand er als Profi mit dem Gitarristen Little Jimmy Mae auf den Bühnen der Clubs in Brooklin und Long Island.
Zusammen mit Mae besuchte er 1966 ein Galakonzert im Apollo Theater und spielte hinter der Bühne eine Melodie. Dabei hörte ihn Luther Johnson, der in Muddy Waters Band Bass spielte. Er rief Muddy dazu und dieser hörte sich den jungen Musiker an, verlor aber kein Wort darüber. Ein Jahr später kehrte Muddy zurück nach New York für einen Gig im legendären Smalls Paradise. Er hatte zu dieser Zeit keinen Harpspieler. Luther rief ihn an lud ihn in den Club ein. Muddy erlaubte Oscher, in zwei Songs mitspielen: Baby Please Don’t Go und Blow Wind Blow.
Muddy gefiel es offenbar und er fragte Oscher, ob er reisen könne. Am nächsten Morgen solle er ins Hotel kommen, wo die Muddy Waters Band logierte. Er traf dort ein, während die Band am Auschecken war. Es gab keine weiteren Verhandlungen, man stieg gemeinsam in den grünen VW Tourbus und fuhr los. So wurde Oscher im jugendlichen Alter von siebzehn Jahren der erste weisse Musiker in Muddys Band. Er blieb in der Band bis 1971, bis er wegen einer Lungenentzündung nicht spielen konnte. In dieser Zeit lebte er in Muddy Waters Haus, wo zu jener Zeit auch Otis Spann lebte. Von ihm lernte Oscher Piano zu spielen.
Anschliessend gründete er seine eigene Band: Brooklyn Slim. Sie spielte unter anderem mit Big Joe Turner, Big Walter Horton und Johnny Copeland und tourte in Europa mit Louisiana Red. Hier wurde er mit offenen Armen empfangen. Dass er als erster weisser Musiker in die Band einer Legende wie Muddy Waters aufgenommen worden war, adelte ihn bei den informierten Bluesfreunden. Die dies nicht wussten, schätzten ihn als grossartigen Musiker.
Zwischen 1980 und 1992 zog er sich völlig aus dem Musikgeschäft zurück und ging einem «gewöhnlichen» Broterwerb nach. 1992 meldete er sich mit einer US-Tournée zurück und 1995 nahm er sein erstes Album The Deep Blues of Paul Oscher auf. 1996 folgte Knockin’ On The Devils Door und brachte ihm eine Nominierung für einen W.C. Handy Award (heute: Blues Music Award) ein. Vier weitere Nominierungen folgten 2004 und 2006 krönten gleich 3 Awards seine Karriere.