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DVD Rezension Taj Mahal Live at Ronnies

Karibischer Blues

In den Tagen der Fussball-Weltmeisterschaft 2010 lernen wir eine Wahrheit: nicht die individuell überragenden Spieler sind wichtig, sondern die überragenden Kollektive. Anders verhält es sich bekanntlich auch in der Musik nicht: Erst das Kollektiv macht die Musik. Bluesnews bespricht heute eine DVD mit einer Konzertaufnahme von Taj Mahal aus dem Jahr 1988, jetzt aber neu aufgelegt. Sie zeigt einen spielfreudigen Headliner, begleitet von einer exzellent abgestimmten Band. Das Konzert ist ein Vergnügen, und der Regisseur der DVD lässt die Einstellungen lange genug wirken. Diese DVD groovt so richtig, und damit ist sie das Richtige für heisse Sommertage wie jetzt.

Taj Mahal ist ohne Zweifel ein vielseitiger Künstler, der von Carolina-Fingerpicking bis zum dampfend-heissen Delta-Blues, Jazz, Folk oder Soul alle Spielarten Schwarzer Musik drauf hat. Er hat insbesondere ein Faible für die karibische Musik, wie auf seiner 3-CD Retrospektive In Progress and in Motion gut dokumentiert ist. Auf dem in dieser DVD aufgezeichneten Konzert frönt er dieser Leidenschaft, und dadurch wird die gesamte Musik locker und luftig. Der Karibik-Sound der Band wirkt sozusagen wie ein geschlagenes Eiweiss für den Blues.  

Leider dauert die DVD nicht mal eine ganze Stunde, und zwischen den Songs gibt es Interview-Schnipsel mit Taj Mahal, glücklicherweise ohne die Songs zu beschneiden. Aber in dieser Zeit kriegt man schön was geboten: Aufgenommen im Jahr 1988 im «Ronnie Scott’s Jazz Club» im Londoner Stadtteil Soho. Der Club existiert seit 1959 und er hatte schon alle Grössen des Blues und Jazz auf der Bühne. 1988 trat also Taj Mahal mit Band auf, und dieser Band gehörten damals an: Bassist Ward Allen, Drummer Ozzy Williams, und der bis heute mit ihm spielende Drummer und Perkussionist Kester Smith. Dazu gesellte sich, offenbar nur für diesen Abend, Keyboarder Wayne Henderson, der den Soundtrack zu When We Were Kings schrieb.

Die ganze DVD, das Konzert zelebriert Spielfreude pur: gesungene Passagen im Stile von Howlin’ Wolf, Anspielung auf Hendrix’ Purple Haze auf dem Delta-Klassiker Come on in My Kitchen. Der folgende Titel, Local, Local Girl setzt voll auf den karibischen Sound, komplett mit perfekt harmonisierenden Background Sängerinnen. Der Song rollt scheinbar unaufhörlich dahin, und Taj Mahal fordert fast wie in trance immer und immer wieder «loca-loca-motion», das hier zum Wortspiel wird zwischen «Locomotion», also der Bewegung und «loca motion», wobei «loca» hier für das spanische «verrückt» steht. 

Für den folgenden Slow Blues Soothin' wechselt Mahal die Gitarre. Während er bisher eine akustische mit Pieoz-Pickup spielte wechselt er für dieses Stück zu einer obskuren vollverchromten Solidbody-Gitarre. Gleichwohl gibt es keine heulenden Soli, sondern feinsten Soul-Groove. Darauf wird Henry Thomas’ Fishin Blues erneut vielschichtig interpretiert und zelebriert mit dieser Mischung aus karibischer Leichtigkeit und einem bluesigen Fundament. Die Gitarrensoli sind akustische Kleinode voller Detailgenauigkeit. Für den folgenden Titel, den solo gespielten Titel Statesboro' Blues setzt Taj sich ans elektrische Piano. Kurze perkussive Anschläge erinnern an Ray Charles. Den Abschluss macht Everybody Is Somebody, ein Titel zum Mitklatschen oder mittanzen. Der Titel ist noch mal ein tutti für die Band und die Background-Sänger und verbreitet gute Laune. Zu schade werden solche Titel nie zum absoluten Sommerhit, denn Everybody Is Somebody hat die dafür erforderliche Qualität. 

Taj Mahal leitet den letzten Titel ein mit der Klage, dass die Musikindustrie ihn nicht zu vermarkten wisse, weil er zu «eklektisch» sei. Mit dieser DVD spielt dies keine Rolle, denn das Zielpublikum ist sehr einfach zu definieren: wer gute Musik zwischen akustischem Blues und dem lateinamerikanischen Grovve Carlos Santanas mag, sollte sich diese Konzertaufnahme nicht entgehen lassen.  

 
Taj Mahal Live at Ronnies
Konzertdauer: 54 Minuten
 Taj Mahal (vocals, guitar, electric piano)
Wayne Henderson (keyboards)
Ward Allen (bass)
Ozzy Williams (drums)
Kester Smith (percussion)
Carey Williams (background vocals)
 

1. Big Blues
2. Mail Box Blues
3. Staggerlee
4. Come on in My Kitchen
5. Local, Local Girl
6. Soothin'
7. Fishing Blues
8. Statesboro' Blues
9. Everybody Is Somebody

Special features
5.1 surround sound,
live video,
video interview