Making Blues CD Rezension You
Saubere Leistung
Unter dem Titel You ist die neueste Veröffentlichung mit Beteiligung von Ignaz Netzer erschienen, dessen Zusammenarbeit mit Thomas Scheytt hier bereits besprochen wurde. Mit Making Blues liegt nun eine CD vor, die auf Netzers Website erhältlich ist. Auf der neuen Scheibe tut sich Ignaz Netzer zusammen mit Harp-Spieler Albert Koch sowie beim Titelsong You mit Gitarrist Werner Acker. Die Scheibe bietet schönen akustischen Blues mit dem zeitlosen Duo Harp und Gitarre. Hier wird dieses Duett in sauberer Art und Weise präsentiert. Manchmal allzu sauber, denn wenn der CD etwas abgeht, dann ist der der sprichwörtliche «Dräck».
Nach dem Duo mit Pianist Scheytt gibt es hier die Zusammenarbeit mit Albert Koch, der seine Harp zurückhaltend, aber effektiv einsetzt. Sein Harp-Sound erinnert an die Folk-Ikonen der 1960er, ohne Zweifel virtuos, man sollte einfach keine Junior Wells-ähnlichen Stöhner und Grunzer erwarten. Ignaz Netzer spielt hier eine klare und saubere Folk-Blues Gitarre à la Big Bill Bronnzy, «Mississippi» John Hurt oder Blind Blake, und das mit einer bewundernswerten Virtuosität. Für sein Gesang gilt, was auf der letzten Rezension gesagt wurde: neutrales sauberes Englisch, das manchmal etwas klinisch daherkommt. Auch die Aufnahmen sind perfekt im Studio eingespielt. Das Ganze trägt dazu bei, dass weniger eine entspannte Backporch-Atmosphäre herrscht als vielmehr eine Studiosituation, und hierdurch wirken die Songs in ihrer Perfektion machmal etwas blutleer. Auf jeden Fall lohnt es sich aber eine eigene Meinung zu bilden.
Das oben Angesprochene hört man beispielsweise auf Midnight Special, dem rauhen Song von Leadbelly. Den beiden Schwaben fehlt hier etwas die Härte für einen solchen Song, vielleicht muss man ja wirklich mal den Hobo-Train gefahren sein...? Der Titelsong You und Train To Coleraine sind die einzigen Eigenkomposition Ignaz Netzers. You erhält durch Ackers zweite Gitarre eine Pat Metheny-artige Qualität, jazzig und sphärisch. Train To Coleraine ist ebenfalls kein Blues, hier kommt eine folksige Note hinzu, im Stil eines Paul Brady mit Lakes of Pontchatrain vielleicht. Schön und schwermütig. Blue Skies ist ein Titel von Tom Waits und das perfekte Schlusstück. Netzer kriegt Waits Gesang erstaunlich gut hin. Wirklich eine Hommage an den Meister des verlorenen Songs.
Alle weiteren Songs sind lupenreiner Blues. Stagolee ist im Prinzip«Mississippi» John Hurts Vorlage, Hustle on down the Line ist eine Komposition von Steve Baker und somit für das Duo Gitarre/Harmonika geschrieben. Albert Koch, der diesen Titel auch singt, kommt Sonny Terry sehr nahe. Glory of Love, unlängt auf Paul McCartneys genialem Werk Kisses on the Bottom gecovert, wird hier sehr roh-bluesig nach Broonzys Original interpretiert, das Harp-Solo ist von allererster Qualität. You Got to Move bietet dann wieder Harp satt. You Got to Move ist die Chance für Netzers Slide-Spiel, das wirklich grossartig rüberkommt.
Dies ist ohne Zweifel eine gute Produktion, grossartige Aufnahmen, und die CD ist süffig arrangiert. Als Frage bleibt einzig, braucht es eine weitere Aufnahme von Stagolee beziehungsweise Trouble in Mind? Nein, braucht es sicher nicht, aber es macht Spass, und darum geht es schliesslich. Die CD You strahlt dies stark aus: es macht Netzer und Koch Spass, mehr will das auch nicht sein, eine Feier guter Musik mit allem, was einem zur Verfügung steht. An diesem Album stimmt alles, manchmal ist es einfach zu perfekt.
10 Midnight Special (Trad.)