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Martin Baschung und Big B Tonic Best Time

Knackiger moderner BluesMartinBaschungBestTimeCDCover.jpg

Vor knapp einem Jahr ist die neue CD von Martin Baschung & Big B Tonic erschienen. Höchste Zeit also für eine Besprechung. Unter dem Titel Best Time brachte der Aargauer Gitarrist und Sänger 14 Titel heraus, als moderner Blues daherkommen, musikalisch erfreulich vielseitig und mit einem modernen Sound. Die Stücke sind funky und die Band groovt toll. Eine würdige Visitenkarte für den Schweizer Blues ist dieses Album. Der Sound baut natürlich hauptsächlich auf Baschungs Bluesgitarre auf, aber die Band haucht den Songs den erforderlichen Schwung ein, so dass dies kein Gitarrenalbum ist, sondern einfach Blues.

«Ich wollte eine CD produzieren, die zeigt, wie abwechslungsreich und spannend Blues sein kann - modern, ohne die traditionellen Wurzeln zu leugnen». Mit dieser Aussage umschreibt Martin Baschung seine musikalische Herangehensweise ganz gut. Das Album Best Time ist kein Retro-Sound, aber die Wurzeln des Chicago- oder Texas-Blues sind deutlich zu hören.

Die CD bietet 14 Songs, davon zur Hälfte Eigenkompositionen.  Überwiegend sind es Shuffle oder Funk-Blues-Titel mit klarem Gitarrenriff. Musik im Stil Stevie Ray Vaughans, wenn auch nicht so brachial, sondern feiner. Der Gitarrensound ist stets ausgetüftelt und perfekt an die einzelnen Songs angepasst. Baschung geht dabei nie über eine leichte Verzerrung hinaus, er bleibt immer sehr geschmackvoll und bluesig. In der Band ist ein Wechsel am Schlagzeug festzustellen: Vor exakt einem Jahr, a 11. 12. 2010 wurde beim Konzert im «Prima Vista» in Baden Gian Gadient verabschiedet und seither ist der unvergleichliche Imad Barnieh verantwortlich für den Puls der Band. Er macht einen makellosen Job, sehr professionell und harmoniert dabei ausgezeichnet mit Bassist Peter Lüthi. Sehr viel Einfluss auf den Sound hat schliesslich Rythmusgitarrist Sandro Vanetti, dessen feine Arbeit eine Menge «Sophistication» in den Sound trägt.

MartinBaschungBigTonic.jpgAngefangen mit dem Jump-Blues-Klassiker Flip, Flop & Fly hat die CD wenig Struktur, was die Abfolge der Titel angeht, es ist einfach eine unterhaltsame Mischung. Der alte Titel ist frisch eingespielt, wirklich zurecht ein Evergreen. Der folgende Titel Read The Signs ist ein Stimmungstitel, einfach ein gradliniger Blues getreu dem eingangs zitierten Leitmotiv der CD. Das Slide-Solo ist funkelnd und toll gespielt.

Nevermore ist ein funky Blues mit einem wunderbar näselnd-twängigem Gitarrenton. Sandro Vanetti fällt hier erstmals deutlich auf mit seiner Wah-wah-Begleitung. Sehr effektiv und funktional für den Charakter des Songs. Auf dem Covertitel Too Tired gibt es mit Walter Baumgartners Harp und Gesang einen ersten Gastauftritt.

Best Time (of my Life) ist der Titelsong und der Slow Blues ist eines der Glanzlichter des auch sonst sehr guten Albums. Das Arpeggio von Vanetti glasig und transparent ist der perfekte Gegensatz zum fett übersteuerten Sound von Baschungs Lead. Die Töne der beiden Gitarren umschmeicheln sich und tanzen zusammen, die Rhythmusgruppe macht den langsamen Schmusetanz daraus. Ein wirklich sexy Song.

Pride & Joy ist ein Covers des Vaughan-Titels und damit ein heavy Shuffle, wobei die Rythmusgitarre hier etwas verhalten erscheint. Die Kombination mit dem Slide-Solo ist auch ungewöhnlich. Zusammen mit dem Gesang Yvonne Moores und dem Slide-Solo ist dies ein Cover nicht des Originals aus Texas Flood sondern der Pride & Joy-Version Bonnie Raitts auf dem SRV-Tribute-Konzert in Austin.

Texas Tango ist, wenig überraschend, kein Tango, sondern ein Boogie, mehr ZZ Top als John Lee Hooker, aber eine tolle Nummer, die einen neuen Groove bringt. Es folgen die beiden Teile von I'm Home, beides Slide-Blues, der erste langsam, der zweite ein schnellerer Shuffle. Es sind zwar keine Instrumentaltitel, aber der Gesang steht hier nicht im Vordergrund. Das sind richtige Show-Pieces der Band. Im Slow Blues-Teil erneut mit Walter Baumgartners wunderbar klagender Harp.

Auf After All kommt der zweite grosse SRV-Gitarrensound zum Einsatz: Warmer Overdrive, Cleaner Sound und die Höhen zurück, dann kullern die Licks nur so aus dem Lautsprecher. Pretty Baby ist erneut ein Texas Shuffle, alles nach dem wohl etablierten Muster. Die Rhythmus-Gitarre scheint manchmal bei diesen schwer stampfenden Shuffles etwas zu wenig tief im Groove, sie bleibt etwas sehr Rockgitarre. Afterwards ist erneut ein rockiger Titel mit angezerrtem Riff. Mojo Working versucht den bekannten Titel Muddy Waters als New Orleans-Song zu interpretieren, was phantastisch gut klappt. Dies scheint die Arbeit Imad Barnieh zu sein, dessen lockerer Drumstick den Song zusammen hält. Eine tolle Neuinterpretation, und zwar nur wegen der veränderten rythmischen Struktur, die den Song sozusagen von Mississippi nach Louisiana «entführt».

Der letzte Titel Wayward Angel ist dann etwas ganz anderes als der Rest der CD, deshalb schwer zu vergleichen. Trotzdem war es für mich so, dass ich die CD toll fand, aber der letzte Titel den Vogel abschoss. Der Anfang ist ganz solo: ohne Pick, bloss mit den Fingern spielt Baschung ein Gitarrensolo und singt dazu. Die ersten zwei Durchläufe ganz ohne Band klingt der Titel nach tiefstem Delta. Es folgt auftritt Baumgartner mit seiner Harp. Ein Solo für die Galerie. Allmählich setzt die Band ein, der Titel wird entpannter, weniger beklemmend bluesig. Ein wunderschöner Song, weniger druckvoll als die anderen Titel vielleicht, dafür mit mehr Raum für Emotionalität.

Insgesamt ist dies ein wirklich rundum gelungenes Album einer Schweizer Bluesband, eine Sammlung von Titeln, veredelt durch Schweizer Tugenden wie Aufmerksamkeit auf Details, viel Übung und Zurückhaltung. «Tonic» bezeichnet ja das belebende «Tonikum», das Schweppes mithilfe von Chitin gewonnen hatte, und diese CD wird ebenso beleben und treue Freunde finden wie die einzigartige Limonade.

Die Band bietet auf der Homepage MP3-Hörbeispiele an, dafür einfach auf die Links in der Trackliste unten klicken.

Die Band
Martin Baschung (Lead Gitarre, Gesang)
Imad Barnieh (Schlagzeug)
Peter Lüthi (Bass)
Sandro Vanetti (Rhythmus-Gitarre)
Tracklist
01 Flip, Flop and Fly -
02 Read the Signs (Martin Baschung)
01 Nevermore (Martin Baschung)
04 Too Tired -
05 Best Time (of my life) (Martin Baschung)
06 Pride & Joy
07 Texas Tango  
08 I'm Home1 Part I -(Martin Baschung)
09 I'm Home1 Part II (Martin Baschung)
10 After All
11 Pretty Baby(Martin Baschung)
12 Afterwards (Martin Baschung)
13 Mojo Working
14 Wayward Angel