Bonamassa mit Zwischentönen
Konzert vom 5.5.2019 im Hallenstadion
Im Jahr 2017 hatte Joe Bonamassa am 30. April im zürcher Hallenstadion ein Konzert gegeben. Nun, zwei Jahre später, erfolgte sein einziges Konzert in der Schweiz am 5. Mai, also ziemlich genau zwei Jahre später. Mit dabei war erneut seine Tourband, die gespickt mit grossartigen Musikern für Joe den Boden bereitet, auf dem er dann seine Kunst zelebriert. Und doch gefiel dieses Konzert besser als jenes von 2017, was mit der grösseren Vielfältigkeit seiner Darbietungen zu tun hat. Joe Bonamassa in der Ausgabe 2019 zeigt auch mal einen Slow Blues oder sogar, als Zugabe, einen auf der akustischen Gitarre gespielten Song. Brot und Butter bleibt aber, was er am besten kann: Bluesrock der heftigen Sorte in der Tradition der British Invasion.
Das letzte Konzert wurde auf dieser Seite deutlich kritisiert. Als relativ seelenloses Riffgewitter empfand ich damals seine Musik, und mich störte insbesondere, dass in Abweichung seiner äusserst nuancierten CD-Veröffentlichungen seine Konzerte nur eine einzige Seite zeigten: den Rockgitarristen Joe Bonamassa. Dies habe ich kritisiert angesichts der Tatsache, dass Bonamassa mit seinen Alben The Three Kings und Muddy Wolf at Red Rocks gezeigt hatte, wie er die Tradition der elektrischen Blues aufnimmt und lebendig erhält. Im Konzert war kaum etwas hiervon zu hören.
Dies ist in der 2019er Tournee ein wenig anders. Zwar baut Bonamassa immer noch auf seine Bluesrock-Hits wie Sloe Gin, aber auch Blues-Klassiker wie Don’t You Lie To Me waren dabei. Die Band noch immer zusammengesetzt aus Schlagzeuger Anton Fig, Bassist Michael Rhodes und Pianist/Organist Reese Wynans, dem Veteranen der späteren Aufnahmen mit Stevie Ray Vaughan, begleitet Bonamassa bereits seit Live at Greek Theater im Jahr 2015, vielleicht sogar schon etwas länger. Die Band ist grossartig eingespielt und eine kleine Horn-Sektion mit Saxophon und Trompete/Ventilposaune sowie zwei Background-Sängerinen lieferte ihren jeweiligen Beitrag ebenso makellos. Zudem gab es dieses Jahr auch mal Soli für die Bandmusiker, was ich beim letzten Konzert nicht bemerkt hatte.
Das Publikum hatte auch etwas Raum für eine Reaktion in gewissen Songs, es konnte reagieren, mitfühlen, obwohl — wie zuvor schon in seinen Konzerten — auffiel, dass für Bonamassa die Interaktion mit dem Publikum keinen grossen Stellenwert hat. Zwar läuft er während seiner ausufernden Soli immer wieder von Bühnenende zu Bühnenende, um dem Publikum seine Künste zu präsentieren, aber er verfügt über einen geringen «Outreach», was wiederum in seinen Youtube-Videos ganz anders ist. Die Warmherzigkeit, mit der er auf Youtube etwas steht im Kontrast zur distanzierten Art, mit der er auf die Bühne tritt. Seine Augen hinter der Sonnenbrille verborgen, erledigt er den Job auf der Bühne, und auch am Ende des Konzertes gibt es höchstens eine feuchte Strähne auf seiner Stirn.
Die Bühnenpersönlichkeit Joe Bonamassa hat sich in den letzten zwei Jahren nicht verändert, aber sein Repertoire hat manche feinen Änderungen erfahren, so dass Zwischentöne zugelassen werden. Für mich könnten es noch mehr sein, aber die Fans schienen zufrieden. So denn also bis in zwei Jahren.